Burnout, Depression, Angstzustände
Die Schweiz ist ausgebrannt

Burnout? Simulant, heisst es bei vielen Arbeitgebern. Tatsache ist: Die Zahl der psychisch und physisch Erschöpften steigt und verursacht in der Schweiz jährliche Kosten in Milliardenhöhe.
Publiziert: 12.04.2012 um 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:08 Uhr
Viele Arbeitnehmer leiden unter Stress. Und oft gehen sie zu spät zum Arzt.
Foto: Keystone
Karin Müller

Rund jede sechste Person in der Schweiz leidet an einer psychischen Störung. Dies zeigt der neuste Monitoringbericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) von heute.

Psychische Krankheiten gehören zu den häufigsten und den einschränkendsten Krankheiten überhaupt. Sie wirken sich auf alle Lebensbereiche der Betroffenen aus und können zu grossen Beeinträchtigungen führen.

Rund 450 Psychiater, Psychologen und Mediziner aus der ganzen Schweiz sind heute Nachmittag am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD), dem Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders.

«Allein in der Schweiz belaufen sich die durch stressbedingte Beschwerden verursachten Kosten auf jährlich 4,2 Milliarden Franken. Die Vermutung liegt nahe, dass Burnout für einen Grossteil dieser Kosten verantwortlich ist», erklärt Psychiater Joe Hättenschwiler vom Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung (ZADZ) in Zürich.

Genau erfasst seien Burnout-Fälle jedoch nicht, da die Erkrankung noch nicht als eigenständige klinische Diagnose anerkannt ist.

Zu perfekt und leistungsstark

Besonders betroffen von der totalen Erschöpfung und Depression sind vor allem leistungsstarke Menschen und Mitarbeiter mit dem Hang zur Perfektion. Dies bestätigt Psychiater Hättenschwiler.

Werden die erbrachten Leistungen nicht gewürdigt und bleibt die Anerkennung über weite Strecken aus, droht, dass die Betroffenen Misserfolge im Arbeitsleben als persönliche Niederlage betrachten.

Doch auch auszehrende Berufsgruppen wie etwa die Ärzte selbst, leiden an Burnout. Präventivmediziner und und FDP-Ständerat Felix Gutzwiller sprach den Medizinern ins Gewissen: «Was Ärzte gerne verdrängen, ist die Tatsache, dass auch sie nur Menschen sind und damit auch der Gefahr unterliegen zu erkranken. Dies spielt insbesondere beim Thema Burnout eine Rolle. Hier scheint sich eine grosse Diskrepanz zwischen Diagnose bei einem Patienten und dem Erkennen des eigenen Betroffenseins aufzutun.»

Bei der Behandlung von Burnout sei es wichtig, sich an den individuellen körperlichen, seelischen und geistigen Grenzen des Patienten zu orientieren.

Und möglichst früh mit der Behandlung zu beginnen. «Wer über längere Zeit nachts nicht mehr schlafen kann, sollte zur Abklärung», rät Joe Hättenschwiler.

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