Arme reiche Kids
«Innere Werte bleiben auf der Strecke»

Kim Kardashian verpasste ihrer Tochter Extensions – und löste eine Welle der Empörung aus. Was meint die Kinderpsychologin dazu?
Publiziert: 15.04.2016 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 18:55 Uhr
Ana Maria Haldimann

Kim Kardashian (35) hat ihrer Tochter North West (2) künstliche Haarverlängerungen verpasst, um ihr «Boxer Braids» (auf Deutsch: Boxer Zöpfe), eine aktuell angesagte Flechtfrisur, machen zu können. Boxenluder Katie Price (37) schockte die Öffentlichkeit, als sie im vergangenen Dezember mit ihrer achtjährigen Tochter Princess Tiaamii im Partner-Look an einem Event auftauchte: Mutter und Tochter trugen nicht nur den gleichen Jogginganzug, sondern waren auch identisch geschminkt. 

Joëlle Gut, FSP Fachpsychologin für Psychotherapie, eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin (www.psychologin-psychotherapie.ch, www.psychotherapie-be.ch).
Foto: ZVG

Joëlle Gut (40), eidgenössisch anerkannte Kinder- und Jugendpsychotherapeutin erklärt, was Eltern mit diesen, wenn auch gut gemeinten, optischen Anreizen, bei ihren Kindern bewirken.

Sind Haarverlängerungen und Kosmetik für die Kleinen schlecht?
Joëlle Gut: «Die Frage ist, was man unter schlecht versteht. Klar zu unterscheiden ist meines Erachtens, ob es der Gesundheit schadet oder nicht. Wenn achtjährige draussen ununterbrochen mit Stöckelschuhen rumlaufen, könnte das einen negativen Einfluss auf ihre Füsse haben. Es stellt sich dabei die Frage, was die Eltern ihren Kindern damit vermitteln möchten. Wenn Schminke und Haar-Extensions für Kinder gekauft werden, zeigen Eltern ihrem Kind, dass die äussere Erscheinung im Leben zählt. Dabei sind Kindsein und das Spielen gerade im Kindesalter wichtige Aufgaben, um sich selber und die Welt zu erkunden. Wenn die Kinder von Shopping-Store zu Beauty-Shop über Coiffeur-Laden geschleppt werden und zum Vorzeige- oder Prestigeobjekt ihrer Eltern werden, ist dies nicht im Sinne einer unbeschwerten Kindheitserfahrung.»

Haar-Extensions mit zwei Jahren: North West (2) mit Mama Kim Kardashian (35).
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Princess Tiaamii (8), die Tochter von Model Katie Price, Juli 2014 mit knutschroten Lippen.
Foto: GC Images

Was tun, wenn sich das Kind die neue Frisur wünscht?
«Klar können Kinder im Kindergartenalter Interesse an Frisuren und Schminke haben. Das ist dann aber ein Spiel unter vielen anderen und nicht ihr Hauptanliegen. Jedes Kind strebt nach Anerkennung von seinen Eltern: Wenn sie die jeweils nur für ihr Äusseres erhalten und nicht für ihre Charaktereigenschaften, dann werden sie automatisch nach Äusserlichkeiten streben.»

Wann werden diese Äusserlichkeiten fürs Selbstwertgefühl problematisch?
«Solange das Kind sich schminkt, weil es ein weiteres Rollenspiel ausprobiert und die Idee von sich aus entsteht, dann gehört dieses Verhalten zur normalen Entwicklung. Werden High Heels, Schminke und Haar-Extensions von den Eltern aufgedrängt, kann man sich fragen, ob die Eltern das nicht für sich selber machen. Möglicherweise zum Aufwerten und Kompensieren von eigenen Selbstwertdefiziten. Das kann zu einem geringen Selbstwert der Kinder führen. Sie denken, sie müssten perfekt aussehen um etwas wert zu sein. Dabei bleiben leider natürliche Schönheit und andere Werte auf der Strecke. Ein Weg in die Oberflächlichkeit wird gebahnt.»

North West (2), Tochter von Sänger Kanye West und Model Kim Kardashian mit Haar-Extensions. Das Foto wurde am 8. April auf Instagram geteilt.
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