Am Telefon ist Markus, ein alter Freund. Er ruft aus Malta an und verschwendet keine Zeit für Gruss- und Höflichkeitsformeln.
«Ich fühle mich ganz schrecklich», sagt er, «es ist einfach furchtbar.» Sein Überdruss steigert sich, hin zu Aussagen wie er könne nicht mehr, es sei aus, er wisse nicht, was tun, das Leben sei eine einzige Zumutung.
«Zwei Wochen ist es her», sagt er mit einem Ausrufezeichen in der Stimme. Es folgen bedeutungsschwere Sekunden des Schweigens. Dann sagt er, sie habe ihn wieder verlassen. «Sie hat mich wieder verlassen», wiederholt er, diesmal wird der Satz mit Gänsehaut ausgestattet.
Ich – und der andere
Die Suche nach einem tröstenden Wort ist unnötig, denn Markus vermeidet Redepausen: «Eigentlich sollte sie auch hier sein. Wir gemeinsam. Strand, Sonne, Wind», sagt er, und dass er sich sehr darauf gefreut habe. «Aber Fehlanzeige. Sie hat das perfekte Timing. Sie weiss genau, was sie tut. Mir antut. Die reinste Folter. Ja, nein, ja, nein. Eine ganz gemeine Taktik.»
Die Verbindung rauscht, aber Markus lässt sich nicht stören. «Sie sagt, sie könne sich nicht entscheiden. Ich und der andere, wir seien so unterschiedlich. Wir würden ganz verschiedene Saiten in ihr zum Klingen bringen. Sie sagt, es sei paradox, aber sie habe das Gefühl, ihre Unentschiedenheit steigere meine Liebe zu ihr. – Schau an, sie kennt das Wort paradox.»
Kein Mut für Berlin
Markus lacht trostlos. «Aber der andere, der wohnt ja in Berlin, und nach Berlin würde sie nie ziehen. Da fehlt ihr der Mut. Die kommt wieder, das sag ich dir. Schon bald. Aber dann …» Seine Stimme taucht ab, doch er fängt sich schnell. «Vielleicht war es keine gute Idee, ganz allein hierher zu kommen. Ich dachte, die kann mich mal, ich bin über den Berg. Aber dann sehe ich zum Beispiel diese Frau, die jetzt leichtfüssig an mir vorbeiläuft, und wie ihre langen, blonden Haare von einem plötzlichen Windstoss hochgeweht werden. Dann geht es wieder los.»
Markus seufzt. «Aber wer weiss, vielleicht ist alles noch abgründiger», sagt er. «Ich bin nämlich sicher», sagt er, «dass ich mich nur deshalb so jämmerlich fühle, weil ich seit fünf Tagen nicht mehr im Krafttraining war.»
So geht das heute: Work-out. Und alles wird gut.
Ursula von Arx (51) weiss sehr wohl, dass Sport ihr guttun würde. Sie schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.