Klassenzimmer auf Rädern
Lehrerin der Kinder vom Circus Knie gibt Einblick in ihre Schule

Im Circus Knie lernen drei Kinder in der wohl kleinsten Schule der Schweiz. Lehrerin Milena Hänsli unterrichtet im Wagen auf Rädern und passt sich dem besonderen Rhythmus des Zirkuslebens an.
Publiziert: 11:52 Uhr
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Maycol junior (links), Alessandro und Milena Hänsli in der Zirkusschule.
Foto: Siggi Bucher

Darum gehts

  • Zirkusschule im Circus Knie hat drei Schüler
  • Lehrerin Milena Hänsli unterrichtet die Kinder verschiedener Altersstufen
  • Die Schule ist klein und der Alltag flexibel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ramona RosatiRedaktorin Gesellschaft

Auf dem Parkplatz beim Albisgüetli in Zürich reihen sich die Wagen des Circus Knie aneinander. Hier übernachten die Mitarbeitenden, während der Zirkus in der Stadt gastiert. In einem davon wohnt niemand – hier ist die Schule. Drei Kinder, ein kleiner Raum mit Pulten, Wandtafel, Sitzkreis und Lehrerinnenpult: Willkommen in der vermutlich kleinsten Schule der Schweiz.

Gerade sind die Kinder am Basteln. Es ist ruhig und fröhlich zugleich. Man spürt: Die Kinder sind gerne hier. Lehrerin Milena Hänsli (24) sagt: «Sie freuen sich wirklich auf die Schule.» Heute stand für Alessandro (9) und Maycol junior (7) Multiplizieren und Dividieren auf dem Plan, für Chanel (14) das Thema Industrialisierung. Zum Abschluss des Schultags singen alle gemeinsam, begleitet von Hänsli und Chanel, die gerade nicht fotografiert werden mag, auf zwei Ukulelen: «I like the flowers …». Dann ist Schulschluss – und diesmal für länger. Die Schule macht vier Wochen Pause, Ferien sind es aber nicht: Es stehen viele Auftritte an.

Unterricht zwischen Manege und Mathebuch

Milena Hänsli unterrichtet seit August 2024 beim Circus Knie. Zuvor war sie ein Jahr lang Vollzeitlehrerin an einer regulären Volksschule. Jetzt ist sie Teil des Zirkuslebens – und unterrichtet drei Kinder unterschiedlichen Alters: Chanel in der achten, Alessandro in der dritten und Maycol junior in der zweiten Klasse. Chanel und Maycol junior Knie sind Geschwister und seit jeher Teil der Zirkusschule. Coucousin Alessandro ist seit zwei Jahren dabei. «An meiner Schule in Italien waren wir 32 Kinder in der Klasse, jetzt sind wir nur noch drei», erzählt Alessandro. Für ihn ist es eine völlig neue Art, zu lernen.

Milena Hänsli repetiert mit Alessandro (l.) und Maycol junior auf dem Teppich das kleine Einmaleins.
Foto: Siggi Bucher

Am Morgen unterrichtet Milena Hänsli jeweils zuerst Chanel alleine, danach stossen die beiden Jungs dazu. Von Dienstag bis Freitag wird gelernt, montags ist frei – auch weil die Knie-Geschwister regelmässig selbst in der Manege auftreten.

Auch wenn es nur drei Kinder sind, ist das Unterrichten anspruchsvoll. Hänsli betreut mehrere Jahrgangsstufen gleichzeitig und bereitet teilweise Oberstufenstoff auf – obwohl sie ursprünglich für die Primarstufe ausgebildet wurde.

Mit dem Klassenzimmer von Ort zu Ort

Unter der Woche lebt sie im Wohnwagen wenige Schritte vom Klassenzimmer entfernt und fährt nur am Wochenende nach Hause. Die Standorte wechseln immer wieder, doch der Schulwagen bleibt derselbe – und mit ihm auch der gemeinsame Schulrhythmus.

«Der Wunsch der Familie Knie ist, dass wir nach dem Lehrplan St. Gallen unterrichten und den Schulalltag so normal wie möglich gestalten», erklärt Hänsli. So soll ein allfälliger Wechsel an eine öffentliche Schule jederzeit möglich bleiben.

Milena Hänsli schätzt die Freiheit, die ihr der Schulalltag im Zirkus bietet. «Ich bin viel flexibler. Wenn sie sich gut konzentrieren, machen wir länger Mathe. Wenn das Wetter schön ist, gehen wir einfach raus.» Besonders die grosse Wertschätzung durch die Familien motiviert sie.

Langfristig zieht es sie zurück an eine reguläre Schule. Was sie in der Zirkusschule lernt, will sie mitnehmen: Spontanität, Nähe zu den Kindern und den Mut, Dinge auch mal anders zu machen.

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