Darum gehts
Blick: Jodi Kantor, was kann Megan Twohey besser als Sie?
Jodi Kantor: Eine ganze Menge. Als wir uns das erste Mal trafen, dachte ich, Megan und ich sind Reporterinnen, sonst haben wir nichts gemein. Dann wurde mir klar, dass wir zu 50 Prozent dieselbe Person sind und zu 50 Prozent völlig verschieden.
Und was haben Sie von Megan Twohey gelernt?
Kantor: Dass Journalismus manchmal Konfrontation braucht. Da war ich vorher eher zurückhaltend. Ich bin Journalistin geworden, weil mir Menschen am Herzen liegen. Den Schalter umzulegen und statt freundlich plötzlich konfrontativ zu sein, war für mich nicht einfach. Megan macht so etwas Spass – nein: Sie ist ein Genie darin! An ihrer Seite habe ich mich stark verbessert. Und ja, es ist toll, mit einer Frau zu arbeiten, die zur Schwester geworden ist.
Megan Twohey, was kann Jodi Kantor besser als Sie?
Megan Twohey: Wir wollen beide die Wahrheit aufdecken und die Mächtigen zur Rechenschaft ziehen. Bevor wir uns trafen, sah ich mich selbst als ziemlich unerbittliche Rechercheurin. Aber Jodi ist möglicherweise sogar unerbittlicher als ich.
Jodi Kantor, 49, wuchs in New York auf. Seit 2003 arbeitet sie als Reporterin für die «New York Times». 2008 begleitete sie den Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama. 2017 enthüllte sie den Harvey-Weinstein-Skandal.
Megan Twohey, 47, stammt aus Illinois im Mittleren Westen der USA. Sie war für diverse Zeitungen tätig, bevor sie 2016 zur «New York Times» stiess. Mit Kantor recherchierte sie die Weinstein-Story und das Sachbuch «She Said». 2022 wurde es von der deutschen Regisseurin Maria Schrader verfilmt.
Jodi Kantor, 49, wuchs in New York auf. Seit 2003 arbeitet sie als Reporterin für die «New York Times». 2008 begleitete sie den Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama. 2017 enthüllte sie den Harvey-Weinstein-Skandal.
Megan Twohey, 47, stammt aus Illinois im Mittleren Westen der USA. Sie war für diverse Zeitungen tätig, bevor sie 2016 zur «New York Times» stiess. Mit Kantor recherchierte sie die Weinstein-Story und das Sachbuch «She Said». 2022 wurde es von der deutschen Regisseurin Maria Schrader verfilmt.
Gemeinsam haben Sie 2017 die sexuellen Übergriffe des Filmmoguls Harvey Weinstein aufgedeckt. Übertraf Jodi Sie dabei in ihrer Unerbittlichkeit?
Twohey: Es gab einen Moment gegen Ende der Recherche, als wir erfuhren, dass der Reporter Ronan Farrow für den «New Yorker» an der gleichen Geschichte arbeitete und uns vielleicht abhängen würde…
…das ist die Angst eines jeden investigativen Journalisten.
Twohey: Wir mussten die Geschichte früher veröffentlichen als geplant. Ich war zufrieden mit dem, was wir hatten. Viele Frauen hatten uns ihre persönlichen Geschichten von Missbrauch erzählt – aber anonym.
Sie hatten Zeuginnen, aber keine, die mit Namen dazu stand?
Twohey: Ja, und Jodi weigerte sich, die Geschichte so zu veröffentlichen. Sie war wütend, dass wir keine Frau hatten, die öffentlich dazu stehen würde. Jodi sagte: «Nein, ich bin nicht zufrieden, wir brauchen mehr.» Bis dahin hatten wir mit 105 Prozent gearbeitet, aber Jodi ging in der Endphase auf 150 Prozent. Zuletzt sagten sowohl Ashley Judd als auch Laura Madden bei uns aus. Das hat die Recherche richtig stark gemacht.
Kantor: Wir brauchen einander – damals und noch immer.