Eltern haben es nicht leicht. Sie nehmen sich von einem Tag auf den anderen einem 24-Stunden-Job an, stellen ihr Leben für den Zuwachs auf den Kopf und werden dabei von aussen beobachtet – auch mit kritischen Blicken. Wir haben in der Community nach jungen Eltern gesucht und gefragt, mit welchen Vorurteilen sie zu kämpfen hatten.
«Ich war Gesprächsthema Nummer eins im Dorf»
Leserin Ruth Haeseli wurde 1978 mit 17 Jahren schwanger: «Das war Gesprächsthema Nummer eins im Dorf», sagt sie Blick. Der damalige Freund ist heute seit 43 Jahren ihr Mann. «Wir mussten in Bern eine Bewilligung zum Heiraten beantragen, aber wir haben darum gekämpft und es hat sich gelohnt!»
Im Januar 1979 kam dann der Sohn zur Welt. «Da habe ich mitbekommen, dass viel geredet wurde. Sprüche wie ‹Wie kann sie nur, sie ist ja selber noch ein Kind› und ‹Das wird nie und nimmer gut gehen› sind gefallen.» Besonders verletzend war auch die Reaktion der Tante, die ihr mehrmals versucht hat, die Schwangerschaft aus zureden.
In der Öffentlichkeit fühlte sie sich von kritischen Blicken beäugt: «Wenn ich mit meinem Sohn spazieren ging, wurde immer genau in den Kinderwagen geschaut, um zu kontrollieren, ob das Baby genug warm angezogen oder sauber war. Ich fühlte mich schon sehr beobachtet.» Mit 30 Jahren wurde Haeseli noch einmal schwanger – die Reaktionen hätten anders nichts sein können. «Dann nämlich war ich in einem Alter, in dem die Gesellschaft akzeptiert, dass man Kinder haben kann.»
Weil nicht viele an die jungen Eltern geglaubt haben, hat das Paar ihr 25-jähriges Jubiläum in der Kirche gefeiert. «Wir wollten damit denjenigen, die immer gross geredet haben, das Maul stopfen. Damit haben wir allen gezeigt, dass wir das ‹Unmögliche› geschafft haben und immer noch glücklich zusammen sind.» Die beiden sind auch heute noch glücklich verheiratet und stolze Grosseltern.
«Ich wurde nicht gleich ernst genommen»
Auch die mittlerweile 33-jährige Rebeka Wandfluh musste ihre Erfahrungen mit Vorurteilen machen. Sie wurde mit 17 und 20 Jahren Mami und gibt zu, dass die erste Schwangerschaft nicht geplant war. «Im Dorf, in dem ich ausgewachsen bin, nahm man kein Blatt vor den Mund, von ‹Die ist ja nur schwanger geworden, damit sie nicht arbeiten muss› über ‹Das Kind wird nicht lange bei ihnen bleiben› war wirklich alles dabei», erzählt die Leserin Blick. «Das war für mich schon schwierig. Über eine längere Zeit habe ich mich nicht mehr im Dorf gezeigt.»
Während der Schwangerschaft hatte Wandfluh bereits genug eigene Sorgen, da hätte das ganze Gerede im Dorf nicht sein müssen. «Manchmal habe ich mich sogar fürs Schwangersein geschämt. Auch heute merke ich, wie ich an Elterngesprächen teilweise nicht gleich ernst genommen werde wie die älteren Eltern, obwohl das Alter nichts darüber aussagt, wie gut man seinen Job macht.»
Trotz dieser negativen Erfahrungen bereut die Leserin nichts. Heute ist die Spielgruppenleiterin glücklich mit dem Vater der Kinder verheiratet – auch dank der Unterstützung der eigenen Familie. «Wir sind unheimlich stolz auf das, was wir bereits als junge Familie geschafft haben und alles noch schaffen werden! Genau deshalb finde ich es wichtig, dass man sich zuerst die Geschichte anhören sollte, bevor man sich ein Urteil fällt.»