Auf der Rückreise von einem Italien-Wochenendausflug wollten Leserin Gabriela B.* (33) und ihr Mann Bernhard B.* (36) aus Zürich einen kurzen Halt in der Viamala-Raststätte in Thusis GR machen. Mit dabei das Töchterchen des Paares, Andrea* (6 Monate) und ihr Schoppen.
«Es war kurz nach 16 Uhr», sagt Gabriela. «Leider hatte das Restaurant nur bis 16 Uhr geöffnet. Deshalb bekamen wir keinen Kuchen mehr, obwohl einige Leute noch beim Essen waren.» Die Mutter setzte sich trotzdem kurz an einen der Tische, um den Schoppen fürs Baby vorzubereiten. Schon nach kurzer Zeit kam ein Kellner und erklärt dem Paar, dass picknicken hier nicht erlaubt sei. Daraufhin verlangte Gabriela B. den Chef. «Der hat uns dann gesagt, wir sollten sofort das Restaurant verlassen. Wir hatten nicht einmal Zeit, den Schoppen fertig vorzubereiten.»
Sie habe dann versucht, das Ganze im Eingangsbereich zu erledigen, sagt Gabriela zu Blick. «Doch der Chef kam erneut und schickte uns auch von da weg.»
Community ist gespalten
Das Restaurant war zwar geschlossen. Aber ist so wenig Kulanz akzeptabel? Die Community ist gespalten und diskutiert den Fall rege in den Kommentarspalten. So zum Beispiel Leserin Anita Saadedine. Ihre Meinung ist klar: «Man kann den Schoppen auch im Auto oder draussen anrichten und das Baby füttern. Das wäre doch kein Drama! Habe auch drei Kinder gross gezogen und keines ist auf unseren Reisen verhungert.»
Leser Uschi Blum sieht das gleich. «Die Gäste wurden darauf hingewiesen, dass das Lokal geschlossen sei. Das wurde von den Gästen so nicht akzeptiert. Es ist Sommer, keine Stürme, die Gäste kamen offensichtlich mit dem Auto. Warum besteht man darauf, in einem bereits geschlossenen Lokal, sich hinsetzen zu wollen? Schoppen oder nicht, ist komplett irrelevant. Das Kleine hätte sicher auch draussen oder eben im Auto mit Freude seine Mahlzeit genuckelt.»
Auch Leser Dani Stettler findet, dass der Chef richtig reagiert hat. «Der eine will nur etwas schreiben am Tisch, der zweite einen Schoppen geben, der Dritte muss sich die Schuhe binden und seinen Rucksack schnell umräumen. Jeder nur fünf Minuten. Dass das Personal Überzeit macht deswegen und bezahlt werden will, ist egal. Wenn ich als Normalo um 14:03 Uhr in eine Beiz will, die um 14 Uhr schliesst, dann ist das schlicht zu spät und eben mein Pech.»
«Geht nicht um Sonderrechte für Mütter»
Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, dem Baby beim Wickeltisch auf der kostenpflichtigen Toilette den Schoppen zu geben. «Ich wollte das aber nicht auf dem WC tun», sagt die Mutter Blick. «Deshalb haben wir unsere WC-Bons eingelöst, ein Getränk gekauft und sind gegangen.»
Leserin Lisa Schmid hat für die ganze Aktion wenig Verständnis. «Es geht hier nicht um Sonderrechte für Mütter, sondern um gesunden Menschenverstand. Ein Baby von sechs Monaten hat Hunger, wenn es Hunger hat. Dann lässt man doch die Eltern kurz einen Schoppen machen oder stillen. Ich war mit meinen Kindern im Baby und Kleinkindalter viel unterwegs und kein Land war so kinderfeindlich wie die Schweiz. In vielen Ländern hab ich wirklich eine ungefragte Sonderbehandlung bekommen und die Kinder wurden freundlich angelächelt.»
Den Abschluss mach Leser Heinz Hostettler. Auch er hätte sich eine andere Antwort vom Chef gewünscht. «Eine nette Reaktion des Beizers wäre beispielsweise gewesen, zu sagen, dass auch ‹schöppele› zum Picknick gehöre, einfach als Info für ein nächstes Mal. Manche brauchen etwas mehr Fingerspitzengefühl und nicht einfach nur eine höhere Schulausbildung.»