Mit Vollgas in die Thur
Das verrückteste Flossrennen der Schweiz

Im Thurgau geht die Fasnacht in die zweite Runde – und zwar auf dem Wasser: Beim traditionellen Mammut Flossrennen auf Sitter und Thur liefern sich Rennflösse und imposante Eigenbauten ein wildes Duell mit der Strömung.
Publiziert: 17.05.2025 um 13:22 Uhr
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Am Morgen versammeln sich die Teams an der Startlinie: Die Flösse stehen in Position.
Foto: Sarah Riberzani

Darum gehts

  • Mammut Flossrennen: Kreative Flossfahrt am Muttertag auf Sitter und Thur
  • Teilnehmer in Kostümen, von Mayonnaise bis «Avatar», trotzen kaltem Wasser
  • Dreissig Teams, bis zu 30'000 Zuschauer, einige Flösse wiegen mehrere Tonnen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sarah RiberzaniCommunity Editor

Während andere am vergangenen Muttertag Kaffee servierten und Blumensträusse überreichten, standen die Thurgauerinnen und Thurgauer lieber auf Flössen – bereit, sich von der Strömung des Wassers mitreissen zu lassen. Muttertag kann man hier eben auch anders feiern: nass, wild und ein bisschen verrückt. Beim traditionellen Mammut Flossrennen, das seit 51 Jahren jedes Jahr am Muttertag stattfindet, zählt nicht nur Geschwindigkeit, sondern vor allem Fantasie – und der Mut, das eigene Floss durch die Sitter und die Thur zu manövrieren. 

«Das Mammut Flossrennen entstand 1974 aus einer klassischen Bieridee im regionalen Turnverein», erzählt Philipp Eugster (47), Präsident des Organisationskomitees. Dazumal konnte man nur davon träumen, dass dieser Anlass einst 20’000 bis 30’000 Zuschauerinnen und Zuschauer anlocken wird. Kein Wunder also, dass das Rennen inzwischen einen tierisch passenden Namen trägt. «Ein Mammut ist eben ein grosses Tier – und genauso ist auch unser Flossrennen über die Jahre gewachsen», erklärt er augenzwinkernd den Ursprung des Namens.

Wasser marsch – mit Mayonnaise, Maja und Musik

Dieses Jahr lassen sich dreissig Teams mit ihren kreativ dekorierten Flössen flussabwärts treiben – jedes mit eigenem Motto. «Es ist wie eine Fasnacht auf dem Wasser», schwärmt Eugster. Von Thomy-Mayonnaise über Biene Maja bis hin zu Elvis Presley und den blauen Gestalten aus «Avatar» ist alles vertreten. Manche der aufwendig gebauten Gefährte wiegen mehrere Tonnen – und in so manchem stecken mehrere Tausend Stunden Arbeit. 

Der Wettbewerb ist in zwei Kategorien unterteilt: die Rennklasse und die Originalitätsklasse – wobei Letztere das Herzstück des Events bildet. Hier stehen der Spass und die kreative Umsetzung im Vordergrund: von detailverliebten Themenflössen bis hin zu aufwendig gebauten Fantasiegebilden ist alles dabei. In der Rennklasse hingegen zählt vor allem Tempo.

Nass wird sowieso jeder

Wasserscheue haben hier nichts verloren. «Wir nehmen uns jedes Jahr vor, trocken zu bleiben. Schlussendlich werden wir aber immer nass», witzelt Andreas (49), Kapitän vom Elvis-Presley-Floss. Aber auch wenn man ab und zu richtig schwimmen muss in der 12 Grad kalten Thur, freut man sich das ganze Jahr drauf. «Das Highlight hier ist es, das eine oder andere Bad zu geniessen – ob Bierbad oder Wasserbad», scherzt die Crew vom McDonald's-Floss. 

Ganz ungefährlich ist das Flossrennen aber nicht – besonders dann, wenn gleich beim ersten Zwischenstopp ein Wasserfall bezwungen werden muss. Eine Holzrampe machts möglich: So rutschen die Flösse sicher drüber. Doch das Überwinden will gut geplant sein. Dabei sind vor allem kräftige Arme und koordinierte Teamarbeit gefragt, um das Gefährt sicher über die Rampe zu manövrieren.

«Ich bin seit 28 Jahren dabei. Einmal ist unser Floss ohne uns weitergeschwommen», erzählt Michi (44) und lacht. Heute steckt er in einem Ei-Kostüm zum 2,5-Tonnen schweren Thomy-Mayonnaise-Boot. Trotz solcher Anekdoten ist das Rennen gut abgesichert: Zahlreiche Rettungsschwimmer und Kanuten sind im Einsatz und stets bereit, einzuspringen. Einen ernsthaften Unfall gab es noch nie. «Es ist der geilste Event, den es gibt in der Schweiz», sagt Michi grinsend. 

Fankurve am Flussufer

Entlang der Strecke campieren zahlreiche Zuschauer, feuern an, lachen – und erleben das Spektakel hautnah. In der Originalitätsklasse gewinnt schlussendlich das «Avatar»-Floss: Zweieinhalbtausend Stunden Arbeit, fünf Tonnen Gewicht und 17 Personen an Bord – da darf man sich schon mal wie auf Pandora fühlen. Aber eigentlich ist das beim Mammut Flossrennen Nebensache. Für die meisten Teilnehmer geht es vor allem darum, gemeinsam etwas zu bauen, ins Wasser zu steigen – und ein bisschen den Alltag hinter sich zu lassen. «Für uns bedeutet das Flossrennen einfach Heimat», sagt Stefan (27) vom Titanic-Floss – und bringt damit die Stimmung auf den Punkt.

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