Internationales Holzbildhauerei-Symposium Brienz 2025
Mehr als Gämse und Bären – wie junge Talente die Zukunft der Holzbildhauerei formen

Das Holzbildhauerei-Symposium in Brienz versammelt Talente aus der ganzen Welt, die weit über traditionelle Motive wie Gämse und Bären hinaus schnitzen. Mit frischen Ideen und Kreativität gestalten sie die Zukunft eines jahrhundertealten Handwerks.
Publiziert: 10:10 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
Das Holzbildhauerei-Symposium findet während fünf Tagen an der Promenade des Brienzersees statt.
Foto: Céline Podevin

Direkt am Ufer des Brienzersees riecht es nach frisch geschnittenem Holz, Motorsägen dröhnen durch das Dorf, Späne wirbeln auf. Und mittendrin: Holzbildhauer und Holzbildhauerinnen, die mit ruhiger Hand und viel Fantasie aus Baumstämmen Kunstwerke schnitzen.

Das Internationale Holzbildhauerei-Symposium Brienz ist mehr als ein lokales Ereignis – es ist ein internationales Treffen der Holzkunst. «Wir bringen Schnitzer und Schnitzerinnen aus der ganzen Welt hierher», sagt Rolf Blöchlinger (54), OK-Mitglied und selbst Holzbildhauer. «Sie zeigen ihre Kulturen, ihre Kunst und die Besucher sind davon begeistert.»

Ein Ort mit Geschichte

Dass Brienz Gastgeber dieses Treffens ist, kommt nicht von ungefähr: Das Dorf im Berner Oberland gilt als das Mekka der Schweizer Holzbildhauerei. Die Tradition reicht über 100 Jahre zurück. «Früher sind die Touristen mit dem Schiff gekommen und haben als Souvenir kleine geschnitzte Bären von Bauern gekauft», erzählt Blöchlinger. «Das war der Anfang.»

Heute steht in Brienz die einzige Holzbildhauerschule der Schweiz, und das Symposium ist ihr lebendiges Aushängeschild. «Es hat in den letzten Jahren wieder einen richtigen Boom gegeben – gerade auch bei jungen Leuten. Und was sie schnitzen, sind weit mehr als nur Kühe und Gämse», sagt Blöchlinger.

Fünf junge Stimmen – die Zukunft der Holzbildhauerei

Mika Dellenbach (19): «Düre Gotthard fahre Krokodil» 

Foto: Céline Podevin

Der Brienzer hat seine vierjährige Lehre gerade abgeschlossen. Beim Symposium schnitzt er ein Stück Schweizer Technikgeschichte: die Gotthardlokomotive CE 6/8, besser bekannt als «Krokodil». «Ich wollte schon lange mal eine Lok schnitzen – jetzt war die Gelegenheit da.» Für Mika ist das Symposium nicht zuletzt auch eine Möglichkeit, Bekannte zu treffen und sich mit anderen Holzbildhauern auszutauschen. Der Austausch mit Gleichgesinnten und das gemeinsame Arbeiten seien etwas vom Schönsten an dieser Woche.

Severin Maurer (29): «Bestiarium des Alltags» 

Foto: Céline Podevin

Severin Maurer ist selbstständiger Bildhauer. Seine Figur: ein verschlafener Dachs im Bademantel mit Kaffeetasse. «Die Idee kam beim Brainstorming mit meiner Freundin. Tiere in Alltagssituationen machen einfach Spass.» Für ihn ist das Symposium auch eine gute Plattform. Nicht nur, um eigene Arbeiten zu zeigen, sondern auch, um das Handwerk sichtbar zu machen. Als OK-Mitglied hilft er mit, wo er kann. Besonders schön ist für ihn, wieder nach Brienz zurückzukehren, wo er damals seine Ausbildung gemacht hat.

Léo Kambourian (19): «Bergkönig Murmel» 

Foto: Céline Podevin

Léo ist zurzeit im dritten Lehrjahr und schnitzt am Symposium zwei Murmeltiere. Nur mit Fotos als Ausgangspunkt formt er Schritt für Schritt die Tiere aus dem Holzstamm. «Ich zeichne gerne direkt aufs Holz und improvisiere dann.» Er hofft, dass durch das Symposium mehr Leute den Beruf entdecken: «Viele wissen gar nicht, dass man das lernen kann. Dabei ist es ein wunderschöner Beruf.»

Lorena von Atzigen (21): «Gio» 

Foto: Céline Podevin

Lorena schnitzt eine Frauengestalt, die sich aus dem Wasser erhebt – ein Auftragswerk. Sie hat die Lehre gerade beendet und nutzt das Symposium, um sich selbständig weiterzuentwickeln. «Holzbildhauerei ist für mich Ausdruck», sagt sie. «Man schafft nicht nur mit den Händen, sondern auch mit dem Herz.»

Anna von Bergen (22) & Lena Guggisberger (24): «Eifach scheen» 

Foto: Céline Podevin

Die beiden Frauen gestalten gemeinsam eine Skulptur mit Hauswurz, auch Steinrose genannt. «Wir wollten etwas Florales machen», sagt Anna. Die Arbeitsteilung ist klar: Ideen entwickeln, skizzieren, dann Freestyle direkt aufs Holz. Lena hat ursprünglich Schreinerin gelernt, ihr Glück aber nun in der Holzbildhauerei gefunden. Anna stammt aus einer Familie, in der das Holzhandwerk seit Generationen weitergegeben wird. Sie liebt das Zeichnen und hat in der Holzbildhauerei die perfekte Kombination gefunden. Nicht zu schnitzen, kann sie sich gar nicht mehr vorstellen.

Ein Handwerk, das lebt

Am Symposium erhalten alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen einen Baumstamm. Fünf Tage haben sie Zeit, aus rohem Holz eine Figur zu formen – erst mit der Motorsäge, dann mit Schnitzwerkzeug für die Feinarbeit. Am Ende sollen die Werke verkauft werden, oder die Schnitzer und Schnitzerinnen nehmen sie nach Hause. 

Was sie hier schaffen, bleibt nicht unbemerkt: Besucher und Besucherinnen können zuschauen, Fragen stellen, sich inspirieren lassen. «Wir wollen zeigen, wie lebendig dieses Handwerk ist», sagt Blöchlinger.

Für viele der jungen Talente ist die Holzbildhauerei weit mehr als ein Beruf – sie ist Leidenschaft, Lebensweg und kulturelle Verwurzelung. «Wenn du in Brienz aufgewachsen bist, dann kommst du wohl oder übel mit dem Schnitzen in Kontakt», sagt Mika. Was früher mit geschnitzten Bärchen begann, ist heute ein kreatives Ausdrucksmittel mit Zukunft. Manche träumen von der Selbstständigkeit, viele sind einfach dankbar für das Handwerk, das ihnen Freude bereitet.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?