Leser erzählen von ihren Fernbeziehungen
«Dann kam Corona und hat alles kaputt gemacht»

Viele Paare leben in einer Fernbeziehung. Momentan können sie sich wegen den Grenzschliessungen nicht mehr besuchen. Wie schwierig die Situation ist, erklärte bereits Leser Mario (31). Nun haben sich weitere BLICK-Leser gemeldet und uns erzählt, wie sie damit umgehen.
Publiziert: 17.04.2020 um 14:25 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2020 um 14:04 Uhr
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Leser Mario und seine Verlobte Madlene leben wegen der Corona-Krise momentan getrennt voneinander. Er lebt in St. Gallen, sie in Österreich.
Foto: zVg
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Mario und Madlene wollen im Herbst endlich zusammenziehen, 2021 soll die Hochzeit folgen. Doch die Planung ihrer gemeinsamen Zukunft gestaltet sich schwierig. Das Coronavirus hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Zuletzt gesehen haben sich die beiden Mitte März, kurz vor der Grenzschliessung. Mario und Madlene mussten sich da eingestehen: «So hart es auch ist, wir können uns auf unbestimmte Zeit nicht mehr sehen.» Der persönliche Kontakt sei also seither gleich null, sagt Mario. Sie sind damit nicht alleine, vielen anderen Paaren geht es auch so.

«Es ist frustrierend»

Leserin Vanessa (30) lebt getrennt von ihrem Freund Florian (28), der in Ulm (DE) lebt. Als sie sich kennenlernten, war für beide klar, dass sie keine Fernbeziehung führen wollen. Anfangs April planten sie deshalb, in der Schweiz zusammenzuziehen. Florian hat praktisch all sein Hab und Gut bereits in die Schweiz zu Vanessa gebracht. Nun steht er mit dem Mietvertrag da, kann aber wegen der fehlenden Aufenthaltsbewilligung nicht einreisen.

Vor zwei Wochen trafen sich die beiden an der Grenze, wo Florian für ein kurzes Gespräch zu Vanessa durfte. Zuletzt sahen sie sich an ihrem 30. Geburtstag, als sie sich für eine Stunde an einer grünen Grenze trafen. Nun müssen sie abwarten. «Es ist frustrierend», sagt Vanessa, «die Grenzen sind zu und die Behörden machen keine einzige Ausnahme, das ist schade».

«Man sitzt wie auf Nadeln»

Vanessa und Florian halten die Situation nicht mehr lange aus. «Man sitzt wie auf Nadeln und das Ganze zehrt an der Psyche», sagt sie. Deshalb versuchen sie, den Alltag zusammen zu gestalten. Konkret heisst das: Zusammen essen, Filme schauen und per Videoanruf telefonieren. «Die Beziehung und Nähe ersetzt das natürlich nicht», sagt Vanessa.

Was die Situation noch schwieriger macht, sind die Kleider von Florian. Sie erinnern Vanessa täglich daran, dass er nun eigentlich bei ihr wäre. «Die Beziehung zu der Person, die man in einer solchen Zeit am meisten braucht, ist wie eingefroren. Das ist hart», erklärt Vanessa.

Fehlende Unterstützung von den Behörden

Damit sie sich bald wiedersehen können, versuchen sie alles. «Wir bombardieren die Ämter und erklären unsere Situation», erzählt Vanessa. Zudem unterstützen sie Petitionen, damit auch unverheiratete Partner Sonderbewilligungen für Besuche erhalten. Es gäbe viele Paare, die in der Grenzregion leben und von den Behörden und Ämtern vergessen werden, meint Vanessa.

«Wir wollen uns wehren und das nicht einfach so hinnehmen», sagt sie weiter. Sie verstehen die Grenzschliessung und die getroffenen Massnahmen voll und ganz, aber sie würden gerne ihr gemeinsames Leben weiterführen. Schliesslich gehe es auch um Florians Existenz, der seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz verlagert habe.

«Dann kam Corona und hat alles kaputt gemacht»

Die Pläne der beiden müssen im Moment also auf Eis gelegt werden. Neben dem Zusammenziehen, wollten Vanessa und Florian im Sommer das erste Mal zusammen in die Ferien. «Und dann kam Corona und hat alles kaputt gemacht», erzählt Vanessa. Sie hoffen, dass sich bald etwas tut und es Bewilligungen für Paare wie sie gibt. «Wir wären schon nur mit einem Besuch zufrieden», meint Vanessa.

«Ich kann sie nicht unterstützen»

Daniel (52) und Nicole (41) sind seit bald drei Jahren ein Paar. Sie leben in einer Fernbeziehung, da Nicole mit ihren zwei Kindern in Vorarlberg lebt. Normalerweise sehen sie sich von Sonntag bis Dienstag, manchmal verbringen sie auch das ganze Wochenende miteinander. Anfang März haben sie sich zuletzt gesehen. Nun sind sie bis auf Weiteres voneinander getrennt.

Daniel macht dabei am meisten zu schaffen, dass er Nicole in dieser Zeit nicht helfen kann. Sie geht noch arbeiten und hat ihre Kinder zu Hause, mit denen sie Schulaufgaben machen muss. Wie viele andere Eltern auch, hat sie nun viel mehr Arbeit als vorher und Daniel fühlt sich hilflos. «Ich kann sie nicht wirklich unterstützen», sagt er.

Gemeinsam essen und fernsehen

Was er tun kann, ist, den Kindern bei Hausaufgaben zu helfen, wenn Nicole arbeiten geht. Manchmal schaut er ihnen beim Kochen per Videoanruf zu und gibt Tipps. «Wir sind froh, gibt es die heutige Technik», meint Daniel. Sie telefonieren nun öfter per Videoanruf und essen alle vier zusammen. Manchmal schauen sie auch gemeinsam Fernsehen. «Das gibt ein Gefühl, dass man doch irgendwie zusammen ist», sagt Daniel.

Die beiden vermissen die gemeinsame Zeit, sind aber der Meinung: «Was wir nicht ändern können, darüber jammern wir nicht», erklärt Daniel. Klar gäbe es Momente, die sie lieber gemeinsam verbringen würden, aber die beiden seien sich sicher, dass die Situation ihre Beziehung nicht beeinflussen werde.

«Jeder vollbrachte Tag ist ein Tag näher an einer Öffnung»

Auch sie überlegten, sich an der Grenze zu treffen. Sie sind aber der Meinung, dass sie die Arbeit der Grenzpolizei mehr stören würden, als dass es ihnen etwas bringen würde. Deshalb warten sie ab. Daniel und Nicole sind aber positiv gestimmt: «Wir sind frohen Mutes und wir sagen uns: Packen wirs an und machen das Beste daraus», erklärt Daniel.

Begegnung auf Distanz ist schlimmer, als sich gar nicht zu sehen

Jennifer (40) und Gregor (52) führen seit bald vier Jahren eine Fernbeziehung. Die Distanz zwischen ihnen ist nicht allzu gross; Jennifer lebt in der Nähe von Stuttgart und Gregor in Winterthur. Deshalb sehen sie sich unter normalen Umständen jedes Wochenende. Im Sommer 2019 heirateten die beiden in Deutschland. Da Jennifer aber Kinder hat, kann sie nicht so einfach umziehen, weshalb sie die Fernbeziehung erstmal weiterführen wollten.

Sie informieren sich täglich, ob die Bedingungen geändert wurden und sie über die Grenze gehen können. Sie überlegten auch schon, sich an der Grenze zu treffen. «Aber zwei Meter dazwischen ist wahrscheinlich noch schlimmer, als sich gar nicht zu sehen», vermutet Jennifer.

48 Stunden Glück

Zum Zeitpunkt, wo die strengeren Massnahmen und Grenzschliessungen eingeführt wurden, war Gregor noch bei Jennifer in Deutschland. Er verlängerte seinen Urlaub, um noch länger bei seiner Frau zu bleiben. Ende März musste er dann wieder zurück in die Schweiz. Dass sie sich eine Zeit lang nicht mehr sehen werden, war ihnen bewusst.

Mitte April wurden die Bedingungen für Ehepartner und -partnerinnen, die im Ausland leben, geändert. Mit der Heiratsurkunde konnte Jennifer so vor ein paar Tagen über die Grenze zu Gregor. Länger als 48 Stunden durfte sie aber nicht bleiben, da sie bei der Rückkehr sonst in Quarantäne müsste. «Deshalb geniessen wir die kurze Zeit, die wir miteinander haben und hoffen auf eine baldige Änderung, dass wir wieder unsere Wochenenden gemeinsam verbringen können», sagt Jennifer.

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