«Der ist eh tot, der merkt nichts mehr!»
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In Wolfsburger VW-Werk:«Der ist eh tot, der merkt nichts mehr!»

VW-Arbeiter stirbt, doch das Band läuft weiter
«Der ist eh tot, der merkt nichts mehr!»

Ein VW-Mitarbeiter stirbt am Arbeitsplatz – doch das Band läuft einfach weiter, während der Tote noch zwei Stunden daneben liegt: Dieser Wolfsburger Vorfall vom Dezember schlägt jetzt vor allem wegen angeblicher pietätloser Sprüche hohe Wellen.
Publiziert: 28.02.2020 um 01:41 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2020 um 14:55 Uhr
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Der Tod eines Mitarbeiters in einem Wolfsburger VW-Werk sorgt derzeit in den sozialen Medien für Aufruhr.
Foto: AFP
Andreas Engel

Es hört sich wie ein ganz arg schlechter Scherz an, war aber bitterster Ernst: Während der Nachtschicht erleidet ein 59-jähriger VW-Arbeiter in einem Werk in Wolfsburg (D) einen Herzinfarkt und stirbt kurz darauf an seinem Arbeitsplatz.

Doch statt den Betrieb einzustellen, läuft die Produktionslinie einfach weiter – die Leiche beim Band wird notdürftig mit einer Plane abgedeckt.

Gabs pietätlose Sprüche?

Der Mann starb bereits im Dezember. Erst jetzt sorgt der Artikel «Grenzenlos pietätlos» auf Social Media für scharfe Kritik. In dem Bericht, der in der VW-Mitarbeiterzeitung «Vorwärtsgang» erschienen sein soll, heissts, der Verstorbene sei zwei Stunden am Band liegen geblieben – verborgen hinter Material-Kisten.

Kollegen hätten am Leichnam vorbei gemusst, um Materialen zu holen. Als die Mitarbeiter sich beschwert hätten, habe ihr Vorgesetzter sie mit den Worten «Der ist eh tot, der merkt nichts mehr!» zurück zur Arbeit am Band geschickt.

Niemand habe es gehört

VW streitet die Vorwürfe teilweise ab. Gegenüber «RegionalHeute.de» erklärte ein Sprecher, Zeitung und Artikel seien VW bekannt, es handle sich jedoch nicht um eine Mitarbeiterzeitung. VW spricht von einem Infoblatt der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Jene verneint, den Artikel verfasst zu haben.

Von pietätlosen Sprüchen will man in Wolfsburg nichts wissen: Man habe sich sowohl mit dem Vorgesetzten als auch mit Mitarbeitern der Nachtschicht unterhalten, von denen niemand diese Aussagen gehört oder gemacht habe.

Arbeiten neben dem Toten

Was VW auf Nachhaken des Portals bestätigt, ist, dass die Produktion am Band zehn Meter neben dem Leichnam weiterlief. Man habe den Verstorbenen aber nicht hinter Material versteckt, «sondern mit Fahrzeugen des Werkschutzes von Beginn der Wiederbelebungsversuche bis zum Abtransport durch die Bestatter einen Sichtschutz gebildet», um Gaffer zu blocken und Fotos zu verhindern.

Dass der Tote über zwei Stunden an der Linie gelegen habe, sei der rechtlichen Seite geschuldet: Bei unklarer Todesursache dürfe der Leichnam erst bewegt werden, wenn die Polizei ihre Arbeit abgeschlossen habe. Die Produktion zu stoppen, hätte sich laut VW zudem auf Bänder davor und dahinter ausgewirkt. Unter industriellen Umständen ginge sowas nicht. «Ein Flugzeug fliegt ja auch weiter, wenn darin jemand stirbt», ergänzte ein VW-Sprecher.

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