Günstiger, leichter, digitaler
Die grossen Trends der E-Bike-Branche

Auch wenn der Run auf Elektro-Velos im letzten Jahr spürbar abnahm, fährt die Branche 2024 mit vielen neuen Modellen und Innovationen vor. Wir stellen vier grosse Trends im Segment der E-Bikes vor.
Publiziert: 29.09.2024 um 06:33 Uhr
|
Aktualisiert: 29.09.2024 um 16:02 Uhr
Der Trend zu E-Bikes ist ungebrochen, auch wenn die Branche 2023 einen Dämpfer erhielt.
Foto: Getty Images
1/5
RMS_Portrait_AUTOR_929.JPG
Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Nach pandemiebedingt fetten Jahren gabs für die Schweizer Velo-Branche 2023 einen herben Dämpfer. 395'000 verkaufte Velos und E-Bikes entsprechen je rund 100'000 weniger als in den Boom-Jahren 2020 bis 2022. Auch der seit Jahren steigende Marktanteil der elektrisch unterstützten Velos ging 2023 erstmals seit langer Zeit wieder leicht zurück auf 44 Prozent. Von allen Velo-Kategorien konnten einzig schnelle S-Pedelecs mit einer Unterstützung bis 45 km/h bei den Verkäufen zulegen. Trotz der gedämpften Stimmung auf dem Velomarkt ist die Branche insbesondere im Bereich der E-Bikes innovativer und vielfältiger denn je unterwegs, wie die vier folgenden Trends zeigen:

1

Gute E-Bikes werden günstiger

Foto: zVg

Des einen Leid ist des anderen Freud: Während die Händler ächzen, können sich Kundinnen die Hände reiben. Die mit Vorjahresmodellen prall gefüllten Lager führten dieses Jahr zu stark reduzierten Preisen mit teils bis 50 Prozent Rabatt. Dass gute E-Bikes nicht zwangsläufig ein Vermögen kosten müssen – Schweizer Käufer geben im Schnitt 4500 Franken für ein neues E-Bike aus–, stellte auch der Touring Club Schweiz (TCS) dieses Frühjahr fest: Zusammen mit dem Fachmagazin «Velojournal» hat der TCS die meistverkauften E-Citybikes bis 2500 Franken verglichen und sieben Modelle auf Antrieb, Qualität der Ausstattung, Sicherheit, Fahreigenschaften und Handhabung geprüft. Überraschendes Ergebnis: Alle Bikes erhielten mindestens die Note «empfehlenswert», fünf sogar ein «sehr empfehlenswert», darunter auch das günstigste Modell Dinal III 28 von Hersteller Trelago, das bereits für 999 Franken bei Landi erhältlich ist. Testsieger war das 1699 Franken teure Citybike C500 Urban Motion der Marke Beeq, das in der Schweiz bei Anbieter Decathlon aktuell aber nicht lieferbar ist. 

2

E-Bikes werden wieder leichter

Foto: Philippe Rossier

Jahrelang gabs bei E-Bikes nur eine Richtung: Die Akkus wurden grösser, die Motoren stärker – und folglich die Velos immer schwerer. Ein durchschnittliches E-Bike (25 km/h) wiegt heute rund 25 kg – die robusteren S-Pedelecs bringen teilweise sogar bis zu 40 kg auf die Waage. Doch seit einiger Zeit lässt sich ein Gegentrend beobachten: Sogenannte Light-Support-E-Bikes kommen dank kleinerer Akkus und schlankeren Motoren schon auf deutlich unter 20 kg. Ein Pionier auf dem Gebiet ist die estländische Marke Ampler um Co-Gründer und CEO Ardo Kaurit (Bild), die seit 2022 auch mit eigenem Zürcher Shop auf dem Schweizer E-Bike-Markt vertreten ist. Ihr Rezept: Statt klobige, schwere Bikes kreiert das Unternehmen leichte, sportliche Velos, denen man die E-Unterstützung kaum ansieht und die dennoch für längere Pendlerstrecken taugen. Im Schnitt wiegen die 2500 bis 3700 Franken teuren Ampler-Modelle zwischen 14 und 18 kg. 

Auch einige Schweizer Marken haben neue Light-Support-E-Bikes im Sortiment: So kommt das Modell «Upstreet SL 3.10» von Flyer mit Schutzblechen, Licht und Gepäckträger auf rund 18 kg, das Modell «Swissrider» des Berner Unternehmens Thömus sogar auf nur 11,5 kg. Im Frühjahr hat zudem das Genfer E-Bike-Unternehmen Miloo das leichteste S-Pedelec der Welt vorgestellt: Das Adventure Beast genannte Gravelbike (hier gehts zum Test) – eine Mischung aus Mountainbike und Rennvelo – wiegt dank Vollkarbon-Rahmen je nach Version lediglich zwischen 16 und 21 kg und stromert bis zu 125 Kilometer weit. Das neue Trainingsgerät von Ski-Ass und Markenbotschafter Marco Odermatt (auch interessant: Der Superstar im Interview) kostet allerdings auch mindestens 7500 Franken.

3

Utilitybikes: Lastenvelos in schlank

In Holland, Dänemark oder Deutschland boomen Cargobikes seit Jahren. Und auch in der Schweiz ist der Trend zu den zumeist elektrisch unterstützten Lastenvelos angekommen. «Vor allem junge Familien nutzen E-Cargobikes als Autoersatz, wollen autark in der Stadt unterwegs sein, Kinder zur Kita fahren oder Einkäufe erledigen», erklärt Gunnar Meinel, Leiter der M-Way-Filiale Wallisellen ZH. Und auch die Zahl gewerblicher Kunden steigt: «Seit Corona haben Lieferdienste E-Cargobikes ebenfalls für sich entdeckt.»

Je nach Modell unterscheidet sich das Handling aber stark von normalen E-Bikes – und sie benötigen mehr Platz. Als Alternative kommen jetzt die sogenannten Utility-Bikes: Sie bieten ebenfalls viel Stauraum, sind aber deutlich kompakter gebaut und lassen sich dank kleinerer Räder dynamischer bewegen als klassische Cargobikes. Auch Schweizer Firmen mischen auf dem Markt der kompakten Cargobikes mit: Die für ihre Taschen aus LKW-Planen bekannten Brüder Markus und Daniel Freitag haben mit ihren unabhängig voneinander gegründeten Start-ups Flinc und Monopole soeben zwei neue Utility-Bikes präsentiert: das hochgebaute Modell von Flinc ohne, jenes von Monopole (Bild) auch mit Elektro-Unterstützung.

4

Digital und innovativ

Alles wird smarter – auch E-Bikes. Bei Boschs neuem Smart System können Userinnen via App während der Fahrt unkompliziert neue Zwischenziele setzen und Daten wie Herzfrequenz oder Höhenprofile via Display abrufen. Auch beim Schweizer Anbieter FIT dreht sich alles um die Vernetzung zwischen E-Bike und Smartphone: Zusatzfunktionen wie GPS-Tracking, Diebstahlschutz oder Navi-Möglichkeiten lassen sich bei kompatiblen Velos seit diesem Jahr kostenlos dazuschalten. Und selbst ChatGPT macht vor E-Bikes nicht halt: Der chinesische Hersteller Urtopia hat Anfang 2024 ein Modell mit integrierter Spracheingabe vorgestellt, dank der während der Fahrt Infos zu Sehenswürdigkeiten, Geschäften oder Restaurants abgerufen werden können. 

Eine der vielversprechendsten (mechanischen) Innovationen auf dem E-Bike-Markt hat kürzlich der deutsche Getriebespezialist Pinion vorgestellt. In der neuen Motor-Getriebe-Einheit MGU (engl.: Motor Gearbox Unit, Bild) laufen Gangwechsel statt über verschleiss- und defektanfällige Schaltwerke am Hinterrad im geschützten Gehäuse direkt im Motor. Dies führt zu besonders leichtgängigen Gangwechseln und sorgt insbesondere in Verbindung mit einem Zahnriemen für einen wartungsarmen und langlebigen Antrieb.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?