Was hat uns der Sommer wieder mit schönem Wetter und heissen Temperaturen verwöhnt. Doch auch Sonnenanbeter müssen nun feststellen: Der Herbst ist da. Mit dem Herbst werden die Tage kürzer und Autofahrer im Berufsverkehr sind zunehmend wieder im Dunkeln unterwegs. Nicht nur in der Stadt ist jetzt besondere Vorsicht geboten, sondern auch auf dem Land: Unfälle mit Wildtieren haben von Oktober bis Dezember Hochkonjunktur.
Jahr für Jahr ereignen sich in der Schweiz über 20'000 Unfälle mit Hirschen, Rehen, Füchsen oder Wildschweinen – bei tot aufgefundenen Wildtieren sind Kollisionen mit Autos oder Lastwagen gemäss Bundesamt für Statistik mit Abstand die Todesursache Nummer 1! Versicherer Axa geht von einer Schadensumme von mehr als 40 Millionen Franken aus – vom Leid der teils schwer verletzten Tiere ganz zu schweigen (siehe Ratgeber: Das tun bei einem Wildunfall).
Tiere weichen aus
Um Wildunfälle zu vermeiden, sind bereits diverse Warnsysteme im Einsatz: Meist warnen die Anlagen die Wildtiere mit Licht oder einem akustischen Signal, um sie vom Überqueren der Strasse abzuhalten. Das Problem: Oft wirken die Systeme nur punktuell. Die Tiere weichen dem Licht oder Geräusch aus, und laufen einfach an einer anderen Stelle über die Strasse – die Gefahr eines Crashs wird also nur verlagert.
Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil ZH testet deshalb momentan ein neuartiges System. Speziell: Die Anlagen warnen nicht die Tiere, sondern die Autofahrer! Die Funktionsweise ist simpel: Sensoren, die an gewöhnlichen Strassenleitpfosten befestigt werden, reagieren auf Wärme und Bewegung und leuchten auf, wenn sich Tiere der Strasse nähern.
Neues System zeigt Wirkung
Die Sensoren sind dabei nicht nur kostengünstig in der Produktion, sondern benötigen dank Solarbetrieb auch keine externe Stromquelle. Laut Projektleiterin Martina Reifler zeigt das neue Wildwarn-System in der Praxis bereits Wirkung, wie der Tagesanzeiger berichtet: Gut ein Drittel der Autolenker würden aktiv abbremsen. Die grosse Mehrheit nehme frühzeitig den Fuss vom Gas und reduziere so die Geschwindigkeit – laut Messung um 5,6 bis 13 km/h. Die Reduktion kann bei einem Unfall entscheidend sein, wie die Grafik oben in der Bildstrecke zeigt (Ratgeber: Richtig bremsen).
Anlagen an Hotspots
Noch sind die neuen Wildwarn-Anlagen ein Pilotprojekt: Sie werden an stark befahrenen Strassen getestet, die durch Wildtierkorridore führen, in welchen besonders viele Unfälle verzeichnet werden. Zu diesen Hotspots zählen im Kanton Zürich etwa die Strecken zwischen Sihlwald und Sihlbrugg, zwischen Nürensdorf und Breite und zwischen Truttikon und Schlatt.
Laut Projektleiterin Martina Reifler seien schon erste Erfolge an den Strecken auszumachen und die Unfallzahlen mit Wildtieren rückläufig. Doch Reifler warnt vor voreiligen Schlüssen: Frühestens in drei Jahren könne die Hochschule zuverlässige Daten liefern, da zu viele Faktoren die Unfallwahrscheinlichkeit beeinflussen würden. Für Autofahrer gilt daher weiterhin: Achtsam bleiben!