VW-Chefstylist über digitalisiertes Design
Der Golf GTI aus dem Computer

Am Beispiel des neuen Golf GTI erklärt VW-Chefdesigner Klaus Bischoff uns, wie VW künftig fast komplett auf 3D-Design umstellt: Nur ganz am Ende entstehen reale 1:1-Modelle – weils Zeit spart, aber auch digital emotional ist.
Publiziert: 07.05.2020 um 02:01 Uhr
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Designprozess des neuen VW Golf 8 GTI: Am Anfang ...
Foto: zVg
Timothy Pfannkuchen

«Am Anfang steht noch immer eine kreative Idee, die zu Papier gebracht wird», erläutert Klaus Bischoff (59), Chefdesigner von VW und seit April des gesamten Volkswagen-Konzerns. Aber sobald diese 2D-Idee auf Papier geboren ist, wird sie digitalisiert und dreidimensional.

Neu ist digitales Design nicht. Wie vom Verbrennungs- zum Elektromotor sattelt Volkswagen aber jetzt auch hier weitgehender als andere um.

Minuten statt Monate

Bischoff erläutert es uns am kommenden GTI (hier alle Details zum neuen Sport-Golf) der achten Golf-Generation. Zwei Beispiele für die Vorteile: Vorher brauchte es Monate, um ein Kühlergrill-Gitterdesign zu ändern. Jetzt ist es in Minuten erledigt, weil neue Tools den Grill komplett verändern und nicht jede Grillwabe einzeln neu berechnet werden muss.

Oder Aerodynamik: Digital wird im virtuellen Windkanal getestet. Und nur digital können globale VW-Designteams direkt mit Wolfsburg (D) arbeiten.

Digital erdacht, digital gemacht

Selbst die digitalen Instrumente werden, logisch, erst digital gestylt. «Für den Golf GTI wollten wir ein eigenes Design mit grossem Drehzahlmesser in der Mitte», sagt uns Bischoff. «Früher wäre das aus finanziellen Gründen nicht gegangen, denn wir hätten ein neues Kombi-Instrument entwickeln müssen. Jetzt können wir sogar im Sport-Modus im peripheren Sichtfeld noch einen Schaltblitz unterbringen, der zum Schalten auffordert.»

Virtuelle Präsentation

Einzige Crux des digitalen Autodesigns: Schon bevor vom finalen Design ganz am Ende ein reales 1:1-Modell entsteht, will jeder Entwurf dem VW-Management wie Testkunden gezeigt sein. Damits real wirkt, kann digital sogar der Aufbau der Lacks verändert werden. Oder man schaltet digital das Licht ein – was früher eben erst mit Bau und Einbau echter Leuchten gegangen wäre. Sieht täuschend realistisch aus. «Das ist gerade bei emotionalen Produkten wie dem Golf GTI bedeutend», betont Bischoff.

Drei Fragen an Klaus Bischoff (59), Designchef VW-Konzern

BLICK: Herr Bischoff, wie gross ist der Zeit- und Kostengewinn, wenn Sie das Design neuer Modelle komplett digital erstellen?
Klaus Bischoff: Unter dem Strich ist unser Zeitgewinn gar nicht so gross. Aber der entscheidende Punkt ist der Reifegrad. Die Komplexität ist sehr gewachsen, und über die Digitalisierung können wir in derselben Zeit mit demselben Team viel mehr realisieren. Digitales Autodesign ist effizient – und preiswert. Der Zugewinn findet aber vor allem in späteren Stufen statt, etwa in Konstruktion oder Produktion: Die gemeinsame Datenbasis erspart dann weitere Simulationen, was die Entwicklung wesentlich beschleunigt.

Früher entstanden zum Vergleich verschiedener Designs etliche 1:1-Tonmodelle. Entstehen künftig überhaupt noch welche?
Ja, aber wir haben die Anzahl deutlich reduziert, und dabei hat uns die Digitalisierung wesentlich geholfen. Tonmodelle ruhen auf Stahlgerüsten, sind tonnenschwer, extrem kostenintensiv und aufwendig anzupassen. Aber am Ende steht zur Präsentation noch immer ein Modell aus Ton oder heute auch aus Kunststoff, das dann sogar funktionierende Leuchten hat. Aber wir machen jetzt eben nur noch diesen einen finalen Ausdruck davon.

Ist es Zufall, dass digitales Autodesign zeitgleich mit dem Wandel zur Elektromobilität aufkommt, oder bedingen beide einander?
Das hat schon miteinander zu tun: E-Mobilität heisst Digitalisierung des Produktes, weil Akku, Elektronik und Assistenz eine digitale Infrastruktur bedingen. Eine händische Entwicklung wäre natürlich möglich, würde aber viel länger dauern. Anders gesagt: Muss man viel Holz machen und kann zwischen Hand- und Motorsäge wählen, nimmt man eben die Motorsäge.

BLICK: Herr Bischoff, wie gross ist der Zeit- und Kostengewinn, wenn Sie das Design neuer Modelle komplett digital erstellen?
Klaus Bischoff: Unter dem Strich ist unser Zeitgewinn gar nicht so gross. Aber der entscheidende Punkt ist der Reifegrad. Die Komplexität ist sehr gewachsen, und über die Digitalisierung können wir in derselben Zeit mit demselben Team viel mehr realisieren. Digitales Autodesign ist effizient – und preiswert. Der Zugewinn findet aber vor allem in späteren Stufen statt, etwa in Konstruktion oder Produktion: Die gemeinsame Datenbasis erspart dann weitere Simulationen, was die Entwicklung wesentlich beschleunigt.

Früher entstanden zum Vergleich verschiedener Designs etliche 1:1-Tonmodelle. Entstehen künftig überhaupt noch welche?
Ja, aber wir haben die Anzahl deutlich reduziert, und dabei hat uns die Digitalisierung wesentlich geholfen. Tonmodelle ruhen auf Stahlgerüsten, sind tonnenschwer, extrem kostenintensiv und aufwendig anzupassen. Aber am Ende steht zur Präsentation noch immer ein Modell aus Ton oder heute auch aus Kunststoff, das dann sogar funktionierende Leuchten hat. Aber wir machen jetzt eben nur noch diesen einen finalen Ausdruck davon.

Ist es Zufall, dass digitales Autodesign zeitgleich mit dem Wandel zur Elektromobilität aufkommt, oder bedingen beide einander?
Das hat schon miteinander zu tun: E-Mobilität heisst Digitalisierung des Produktes, weil Akku, Elektronik und Assistenz eine digitale Infrastruktur bedingen. Eine händische Entwicklung wäre natürlich möglich, würde aber viel länger dauern. Anders gesagt: Muss man viel Holz machen und kann zwischen Hand- und Motorsäge wählen, nimmt man eben die Motorsäge.

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