US-Astronauten und ihre Corvettes
Houston, wir geben Vollgas

Vor 50 Jahren flog der erste Amerikaner ins All – und klemmte sich nach der Landung hinters Steuer einer Corvette. Der US-Sportwagen wurde zum inoffiziellen Dienstwagen zahlreicher Astronauten.
Publiziert: 02.06.2011 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:38 Uhr
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Von Sebastian Viehmann

Wegen der Wirtschaftskrise denken die Amerikaner momentan gerne an die guten, alten Zeiten des «Space Age» zurück. In den 1960er-Jahren war der Wettlauf zum Mond voll entbrannt und schweisste das Volk gegen die «rote Gefahr» des Ostblocks zusammen. Präsident John F. Kennedy erklärte die Mondlandung quasi zum Staatsziel. Geld dafür war noch in rauen Mengen vorhanden. Dicke Strassenkreuzer mit Chromdesign im Raketenstil zeugten auf der Strasse von der Begeisterung für Raumfahrt, Geschwindigkeit und eine Technik, die alles ermöglichte.

Vor allem die Corvette machte sich in der Space-Ära einen Namen. Der US-Sportwagen wurde zum inoffiziellen Dienstwagen zahlreicher Astronauten und brachte Chevrolet einen raketenartigen Imageschub. «In den 60er Jahren waren Astronauten Helden, die jedes Kind vergöttert hat», verrät Corvette-Historiker Jerry Burton. „Dass so viele von ihnen Corvettes fuhren, half sehr, das Image des Autos als Amerikas Sportwagen schlechthin aufzubauen“, glaubt Burton. Bei einer Parade zum 50. Jahrestag des bemannten US-Raumflugs in Cocoa Beach, Florida, kamen zwei Dutzend ehemalige Astronauten und auch Piloten des Space-Shuttle-Programms zusammen. Jeder sass am Steuer einer Corvette aus der Zeit, in der er seine Weltraum-Mission flog.

Schon Alan Shepard, der erste US-Amerikaner im All, brachte 1959 seine eigene 57er-Corvette zum Astronauten-Training mit. Dennoch war es Juri Gagarin, der im April 1961 kurz vor Shepard als erster Mensch ins All startete und die Sowjetunion jubeln liess. Am Boden hätte man Gagarin aber allenfalls einen Moskwitsch mit 45 PS bieten können, während Alan Shepard mit einer nagelneuen weissen 62er-Corvette belohnt wurde. GM-Chefdesigner William L. Mitchell und Chevrolet-Chef Edward Cole überreichten Shepard, der von den Amerikanern als Volksheld gefeiert wurde, höchstpersönlich den Schlüssel zu seinem neuen Flitzer. Insgesamt soll der 1998 verstorbene Shepard im Lauf seines Lebens mehr als zehn Corvettes besessen haben.

«Alle Astronauten waren damals auch Testpiloten. Sie flogen Hochleistungsflugzeuge und fuhren deshalb auch gerne Hochleistungsfahrzeuge», erzählt John Dillon vom Cape Kennedy Corvette Club. Und dann hatte Jim Rathmann, ein Chevrolet-Händler aus Florida, die Idee für einen genialen PR-Coup: Alle Astronauten sollten künftig immer mit den neuesten Sportwagen-Modellen von GM ausgerüstet werden. Und zwar für den symbolischen Leasingpreis von einem Dollar pro Jahr. Von da an wurden die US-Astronauten zu inoffiziellen Corvette-Botschaftern, auch wenn viele von ihnen nicht nur «Detroit Iron» pilotierten, sondern auch an anderen Sportwagen Gefallen fanden. Sechs Astronauten der Mercury-Mission von 1961 nahmen das spezielle Leasing-Angebot bereitwillig an. Und Alan Shepard und sein Kollege Virgil Grissom sollen sich in ihren Corvettes auf Floridas Strassen sogar heisse Überhol-Duelle geliefert haben.

Die Astronauten der Apollo-12-Mission von 1969 hatten noch mehr mit ihren Sportflitzern vor: Dick Gordon, Charles Conrad and Alan Bean bestellten sich drei identisch ausgestattete Corvette Stingray. Die in der Sonderfarbe «Riverside Gold» lackierten Renner hatten alle den gleichen 427ci-V8-Motor mit sieben Litern Hubraum und 390 PS unter der Haube. Die Astronauten liessen sich mit ihren Autos stolz für ein grosses Magazin ablichten – Schleichwerbung, die den NASA-Verantwortlichen allerdings gar nicht gefallen haben soll. Dennoch wiederholten sie 1971 das Product Placement als Crewmitglieder der Apollo-15-Mission. Sie präsentierten ihre Corvettes zusammen mit einem Mondfahrzeug – immerhin kamen in dem «Moon Buggy» auch tatsächlich Teile von General Motors zum Einsatz.

Die Verbindung zwischen den Weltraumhelden und ihren fahrbaren US-Untersätzen setzt sich übrigens selbst auf der Kinoleinwand fort. Im Film «Apollo 13» fährt Tom Hanks ebenfalls den legendären Sportwagen, und gar im jüngsten Star-Trek-Film setzte man den künftigen Raumschiff-Kapitän James T. Kirk in ferner Zukunft als 12-jährigen Heisssporn ans Steuer einer 65er Corvette – die im Jahr 2245 ein wahrhaft rarer Klassiker sein dürfte.

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