Shanghai Motor Show 2017
Träumen mit dem Kollaps vor Augen

Einst fanden die wichtigsten Automessen in Detroit, Genf oder Frankfurt statt. Doch wenn es um neue Trends und mächtigste Volumen geht, ist China längst weit enteilt. Wer weltweit erfolgreich sein will, muss hier glänzen. Die Shanghai Motor Show setzt diesbezüglich Massstäbe.
Publiziert: 24.04.2017 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:19 Uhr
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Eingang zur grössten Automesse der Welt.
Foto: Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll
Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll

Die morgendliche Fahrt zur Shanghai Motor Show widerspielelt das Leben der chinesischen Grossstädter eindrucksvoller denn je. Die Strassen der 25-Millionen-Metropole platzen aus allen Nähten, selbst kürzeste Distanzen in der grauen Innenstadt dauern mit dem Auto schnell eine Stunde oder mehr. Doch nicht erst seitdem China die USA als wichtigsten Automarkt der Welt abgelöst hat, blicken die Entscheider der grossen Konzerne ins Land der unbegrenzten automobilen Möglichkeiten.

Die Shanghai Motor Show ist mit 2000 Ausstellern und einer Million Besuchern die grösste Automesse der Welt.
Foto: Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll

Obwohl die Strassen hier den alltäglichen Kollaps zelebrieren, zunehmend Restriktionen eingeführt werden um der Luftverschmutzung Herr zu werden, kennt der Automarkt kaum irdische Grenzen. Verkaufszahlen eilen von Bestwert zu Bestwert. Und mit 2000 Ausstellern und einer Million Besuchern ist die Shanghai Motor Show mittlerweile auch die grösste Automesse der Welt. Ihr modernes und gigantisches Messezentrum lässt die düsteren Dreckorgien vergangener Jahre vergessen. Vergleicht man Shanghai mit den Autosalons in Detroit, Genf oder Frankfurt muss einem Bange um eben diese werden.

Heimspiel

So sehr sich die europäischen Hersteller auf ihrem liebsten Auslandsmarkt auch im Scheinwerferlicht aalen, auf Verkaufsrekorde verweisen und ihre Neuheiten präsentieren (siehe Kasten), haben die einheimischen Hersteller, zumeist namenlos für einen unkundigen Ausländer, die Shanghai Motor Show fest im Griff. Die Stars auf den mächtigen Ständen heissen nur auf den ersten Blick Mercedes S-Klasse, BMW 5er LWB, Audi e-tron Sportback, Skoda Vision E oder VW I.D. Crozz.

Der Volkswagenkonzern zeigt in Shanghai mit dem Audi e-tron Sportback, Skoda Vision E und dem VW I.D. Crozz (im Bild) drei Elektro-SUV-Studien.
Foto: Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll

Die wirklich heissen Teile, coolsten Geräte und wichtigsten Neuheiten für den Gigantomarkt China kommen von Haval, Landwind, Roewe, FAW, SAIC oder Nio. Honqi, einst nur Produzent der mächtigen Staatslimousinen, ist mit Modellen wie dem 5,20 Meter langen LS5 als Konkurrenz zu Range Rover und Bentley Bentayga längst ebenso auf den SUV- und Geländewagentrend aufgesprungen, wie nahezu jeder andere China-Hersteller.

Neue Qualität

Dabei zeigt sich die Neuauflage des meistverkauften chinesischen Autos, dem Hawal H6, erwachsener denn je. Design und Technik müssen sich gegenüber den lange Jahre oft nur peinlich kopierten europäischen Herstellern nicht verstecken. Einzig im Innenraum gibts bisweilen noch Design- und Materialdefizite; doch das Gesamtpaket passt und der Respekt der Europäer wird immer grösser. Die Konzeptstudie eines SUV-Coupés von Haval wirkt schick – auch wenn Ähnlichkeiten zu einem BMW X4 kaum zufällig sein dürften.

Mit dem LS5 will Honqi, der Produzent der mächtigen Staatslimousine, gegen Range Rover und Bentley Bentayga antreten.
Foto: Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll

Doch wirklich schamlose Kopien sind mittlerweile eine Seltenheit. Und Modelle wie der Nio ES8 als Mittelklasse-SUV mit europäischen Designelementen darf sich ebenso sehen lassen, wie der Qoros K EV, der als 5,12 Meter lange Zukunftslimousine mit einem 870 PS starken Elektromotor und 500 Kilometer Reichweite prahlt.

Das zeigen die Europäer

Mit viel Brimborium enthüllt Mercedes in Shanghai die optisch kaum erkennbare Neuauflage der S-Klasse. «Jede dritte verkaufte S-Klasse und 60 Prozent aller Maybach-Modelle gehen nach China», verrät Daimlers China-Chef Hubert Troska und ergänzt dann unbescheiden: «Wir haben das beste Auto der Welt noch ein gutes Stück besser gemacht.» Auf der andern Seite des Modellspektrums spielt die neue A-Klasse Limousine. Gerade von ihr versprechen sich die Deutschen in China neue Marktanteile – natürlich als Langversion.

VW präsentiert mit dem Crozz die erste SUV-Studie der neuen Elektrobaureihe I.D., die jedoch erst 2020 auf den Markt kommen wird. Daneben zeigt Skoda seine Vision E auf gleicher Plattform mit 306 PS, 500 km Reichweite und 30-Minuten-Ladeturbo. Sind beides noch Zukunftsmodelle, siehts beim Skoda Kodiaq, dem Schwestermodell VW Tiguan L oder dem grossen Bruder VW Terramont (baugleich mit dem VW Atlas in den USA) anders aus. Sie alle sind in China ab sofort erhältlich.

Und BMW? Zeigt mit der Langversion des neuen 5ers und dem 460 PS starken M4 CS die Freude am Fahren – respektive gefahren werden. Die Modelle ab der Mittelklasse werden in China nur selten selbst bewegt. Durch die stundenlangen Staus fahren in den meisten Fällen Chauffeure. Und deshalb haben selbst Modelle wie Audi A4, 3er BMW, Mercedes C-Klasse oder VW Passat einen langen Radstand, sodass deren Besitzer hinten rechts entspannen oder arbeiten können.

Neben den deutschen haben auch die französischen Hersteller die alternierend in Shanghai oder Peking stattfindende Messe als Spielwiese für neue Modelle ausgemacht. So feiert der 4,50 Meter lange Citroën C5 Aircross als Konkurrent von VW Tiguan und BMW X1 seine Weltpremiere in Shanghai, kommt aber erst 2018 nach Europa. Dann aber auch als Plug-in-Hybrid. Ein Trend übrigens, der in Shanghai zugunsten moderner Turbobenziner und E-Autos bereits wieder vorbei scheint. «Die Zeit der Plug-in-Hybride geht wohl zu Ende, bevor sie so recht begonnen hat», sagt ein Vorstand eines europäischen Autoherstellers das, was viele denken. «Wir haben die teure und schwere Technik von zwei Antrieben sowieso nie wirklich gewollt.»

Mit viel Brimborium enthüllt Mercedes in Shanghai die optisch kaum erkennbare Neuauflage der S-Klasse. «Jede dritte verkaufte S-Klasse und 60 Prozent aller Maybach-Modelle gehen nach China», verrät Daimlers China-Chef Hubert Troska und ergänzt dann unbescheiden: «Wir haben das beste Auto der Welt noch ein gutes Stück besser gemacht.» Auf der andern Seite des Modellspektrums spielt die neue A-Klasse Limousine. Gerade von ihr versprechen sich die Deutschen in China neue Marktanteile – natürlich als Langversion.

VW präsentiert mit dem Crozz die erste SUV-Studie der neuen Elektrobaureihe I.D., die jedoch erst 2020 auf den Markt kommen wird. Daneben zeigt Skoda seine Vision E auf gleicher Plattform mit 306 PS, 500 km Reichweite und 30-Minuten-Ladeturbo. Sind beides noch Zukunftsmodelle, siehts beim Skoda Kodiaq, dem Schwestermodell VW Tiguan L oder dem grossen Bruder VW Terramont (baugleich mit dem VW Atlas in den USA) anders aus. Sie alle sind in China ab sofort erhältlich.

Und BMW? Zeigt mit der Langversion des neuen 5ers und dem 460 PS starken M4 CS die Freude am Fahren – respektive gefahren werden. Die Modelle ab der Mittelklasse werden in China nur selten selbst bewegt. Durch die stundenlangen Staus fahren in den meisten Fällen Chauffeure. Und deshalb haben selbst Modelle wie Audi A4, 3er BMW, Mercedes C-Klasse oder VW Passat einen langen Radstand, sodass deren Besitzer hinten rechts entspannen oder arbeiten können.

Neben den deutschen haben auch die französischen Hersteller die alternierend in Shanghai oder Peking stattfindende Messe als Spielwiese für neue Modelle ausgemacht. So feiert der 4,50 Meter lange Citroën C5 Aircross als Konkurrent von VW Tiguan und BMW X1 seine Weltpremiere in Shanghai, kommt aber erst 2018 nach Europa. Dann aber auch als Plug-in-Hybrid. Ein Trend übrigens, der in Shanghai zugunsten moderner Turbobenziner und E-Autos bereits wieder vorbei scheint. «Die Zeit der Plug-in-Hybride geht wohl zu Ende, bevor sie so recht begonnen hat», sagt ein Vorstand eines europäischen Autoherstellers das, was viele denken. «Wir haben die teure und schwere Technik von zwei Antrieben sowieso nie wirklich gewollt.»

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