Halbleitermangel sorgt für Produktionsausfälle bei Autobauern
Erst bremste Corona, jetzt bremsen die Chips

Nach der Corona-Krise hat uns die Rohstoffkrise voll im Griff – nicht nur Holz und Zement, sondern auch Halbleiter-Bauteile für Elektronik werden rar. Letzteres trifft vor allem die Autoindustrie und sorgt für zusätzliche Belastungen.
Publiziert: 30.05.2021 um 12:31 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2021 um 12:59 Uhr
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Erst bremste Corona, jetzt bremsen die Chips: Zusätzlich zur Pandemie leiden Hersteller wie Mercedes jetzt unter Lieferausfällen bei Halbleiter-Bauteilen.
Foto: Mercedes-Benz AG - Global Communications Mercedes-Benz Cars & Vans
Andreas Faust und Patrick Solberg

Im vergangenen Herbst wiegelten manche Marken noch ab. Obwohl dem einen oder andere Autohersteller bereits die Mikrochips ausgingen, spielten andere das Problem noch herunter. Noch vor Monaten dachten die Einkäufer einiger Hersteller, dass es sich um einen nur kurzfristigen Lieferengpass bei Halbleiter-Bauteilen handeln würde. Doch mittlerweile ist man nach der zwischenzeitlichen Blockade des Suez-Kanals, Feuer bei einem japanischen Grossproduzenten von Halbleitern und den Folgen der anhaltenden Corona Krise schlauer: Die so wichtigen Prozessoren werden je nach Modell, Art und Bestimmung noch Monate auf sich warten lassen.

Ohnehin dauert es bis zu einem halben Jahr von der Bestellung der Chips bis zur Lieferung. Und im gigantischen Business der Mikrochips spielen die Autohersteller nur eine kleine Nummer. Hier geben Marken aus der Computer- und Entertainmentbranche den Ton an und bestellen in Milliarden-Stückzahlen. Kein Wunder, dass bei vielen Autoherstellern Produktionsstopps wichtiger Modelle drohen oder bereits die Bänder stillstehen – das kostet jede Marke viele Millionen von Euro, Dollar oder Yen und drückt die Realverkäufe im Jahre 2021 nennenswert herunter. Das hört in der durch die Folgen der Corona-Krise angespannten Situation niemand gern.

Mangel in Asien, Europa und USA

Zuletzt hatte es auch die asiatischen Autobauer betroffen, die sich länger als die Marken in Europa oder den USA im eigenen Land versorgen konnten. Mittlerweile hakt es auch im Hyundai Konzern – zum Beispiel beim neuen Elektro-Hoffnungsträger Ioniq 5. Volkswagen konnte bisher aufgrund fehlender Chips mehr als 100'000 Fahrzeuge nicht bauen. Ebenso wie Konkurrent General Motors konzentriert sich der Wolfsburger Grosskonzern darauf, wenigstens die grossen Fahrzeuge mit einem hohen Deckungsbeitrag so gut es geht mit Chips zu versorgen und zu produzieren. Klein- und Kompaktwagen müssen zurückstecken. VW-Chef Herbert Diess will zukünftig gegensteuern – mit langfristigen Lieferverträgen und höherer Lagerkapazität, um auch Tage ohne Lieferung überbrücken zu können.

Ähnlich agiert der Daimler-Konzern. Laut dem Branchenblatt Automobilwoche hat die neue Factory 56 in Sindelfingen (D), wo der Stromer EQS und die Hochpreis-Modelle S-Klasse und Maybach gebaut werden, Vorrang bei der Chipversorgung. Ebenso die Fabrik im US-amerikanischen Tuscaloosa, wo grosse SUVs wie GLS und GLE gebaut werden. Kompaktwagen wie die A-Klasse und die grosse E-Klasse müssen dagegen teils auf Sparflamme laufen.

Auch Lastwagen betroffen

Mitbewerber BMW blieb zumindest die ersten drei Monate 2021 von Produktionsausfällen verschont. Ende April mussten aber die Werke in Regensburg (D) und Oxford (UK) tageweise pausieren. Normales Geschäft ohne ausbremsenden Chipmangel? Das erwartet BMW-Chef Oliver Zipse erst in ein bis zwei Jahren.

Waren zunächst nahezu ausschliesslich PW betroffen, so werden inzwischen auch die Nutzfahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen. Einige Produzenten sind bereits aktuell betroffen. In Kombination mit anderen Herausforderungen auf der Angebotsseite könnten die Verluste in Regionen wie Europa oder Nordamerika bis zu drei Prozent der Halbjahresproduktion 2021 ausmachen. Obwohl Analysten davon ausgehen, dass die anhaltenden Auswirkungen der Chip-Knappheit wie bei den PKW bis ins Jahr 2022 hinein einen Schatten werfen könnten, dürften allerdings Verluste aus der ersten Jahreshälfte 2021 in den Monaten Juli bis Dezember kompensiert werden.

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