Erste Fahrt im Elektro-Prototypen Byton M-Byte
Der China-Stromer mit BMW-Know-how

Kaum ein neues Elektroauto weckt so grosses Interesse wie der M-Byte, das Erstlingswerk des chinesischen Start-ups Byton. Grund: Hinter dem Projekt stecken viele Köpfe von Audi, BMW und Tesla. Wir durften noch vor der Weltpremiere einige Kilometer im Prototypen fahren.
Publiziert: 28.08.2019 um 06:52 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2019 um 15:29 Uhr
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Byton ist die neue Elektromarke des chinesischen Future Mobility Corporation mit Sitz in China und den USA.
Foto: werk
Stefan Grundhoff

Die Bürogebäude von Byton in Santa Clara (USA) sind modern, aber austauschbar. Und es deutet nichts darauf hin, dass hier eine kleine automobile Revolution stattfindet. Denn zumindest die darf Byton, die Elektromarke der chinesischen Future Mobility Corporation, für sich verbuchen. Nicht unbedingt für den Elektroantrieb des künftigen Crossovers M-Byte, der in zwei Wochen an der Frankfurter IAA offiziell Weltpremiere feiern und 2020 auf dem Markt lanciert wird, sondern für den gigantischen Bildschirm im Cockpit, der einen in die automobile Zukunft katapultiert. 

Von der neuen Mercedes S-Klasse oder dem kommenden Audi A8 hätte man eine solche Innovation erwarten dürfen. Doch Byton bremst die deutsche Premiumkonkurrenz aus. Und es sind die Chinesen, die das erste Serienauto mit gigantischem 48-Zoll-Grossbildschirm, der sich über die gesamte Innenbreite des Cockpits (1,25 m) zieht, präsentieren. So – oder ähnlich werden künftig also unsere Fahrzeug-Innenräume aussehen. 

Komfort wichtiger als Fahrdynamik

«Doch wir wollen mehr als ‹nur› ein fahrendes Smartphone bieten», sagt Byton-Chefentwickler David Twohig. «Natürlich ist unser Bildschirm wichtig. Aber in erster Linie wollen wir auch zeigen, wie gut unser Auto fährt.» Es wird den M-Byte mit zwei Antriebsarten (Heck- und Allrad) und zwei Akkugrössen (71 und 95 kWh) geben. «Der kleinere Akku schafft rund 400 Kilometer Reichweite, der grössere deutlich über 500», verspricht Twohig. Obwohl der M-Byte total bis zu 476 PS und über 700 Nm Drehmoment leistet, sind ihm sportliche Gene weitgehend fremd. «Komfort ist uns wichtiger als Fahrdynamik. Unsere Kunden werden in erster Linie im täglichen Stadtverkehr unterwegs sein. Da solls vor allem bequem zugehen», erläutert Twohig. 

Bildschirme wohin das Auge blickt

Das zeigt sich auf unserer Testfahrt schon nach wenigen Metern. Obwohl es sich um einen frühen Prototypen handelt, der innen wie aussen ziemlich zusammengeflickt wirkt, sind wir im 4,85 Meter langen Crossover äusserst kommod unterwegs. Der M-Byte fährt flüsterleise und schwebt förmlich über Fahrbahnunebenheiten.

An die Lenkung müssen wir uns erst gewöhnen. Wie einst beim Citroën C4 bleibt die Nabe des Lenkrads fest, nur der Kranz lässt sich drehen. Grund: Dort, wo sich sonst im Prallkörper der Hupknopf befindet, blickt der Fahrer auf ein acht Zoll grosses Touchdisplay, über das sich verschiedene Fahr- und Komfortfunktionen bedienen lassen.

Zwischen den Vordersitzen gibts ein weiteres Bedienfeld, über das sich beim späteren Serienmodell unter anderem die Klimatisierung individualisieren lässt. Beim Vorserienmodell, noch durch eine psychodelische Folie unkenntlich gemacht, gibts in der Mitte der Armaturentafel die vier Gangwahltaster P, N, D und R. 

Verwöhnt wird die erste Reihe

Byton rechnet damit, dass den teilautonomen Fahrfunktionen speziell auf den Kernmärkten China und USA schnell eine zentrale Bedeutung zukommt. Daher gibts den mächtigen Bildschirm in der ersten Reihe und Frontsitze, die sich um bis zu zwölf Grad zueinander drehen lassen.

Weniger spektakulär präsentiert sich der Fond. Beim Platzangebot macht sich das Akkupaket im Boden ebenso bemerkbar wie die leicht abfallende Dachlinie des Crossovers. Man sitzt bequem auf den dunklen mit Stoff bezogenen Prototypenstühlen, doch elektrisch verstellbare Einzelsitze sucht man hier ebenso vergeblich wie grosse Touchbildschirme.

Know-how von Audi, BMW & Tesla

Experten blicken nicht zuletzt deshalb auch gespannt auf Byton, weil die wichtigsten Köpfe des Unternehmens von Audi, BMW und Tesla kommen. Viele, wie der mittlerweile ausgeschiedene CEO Carsten Breitfeld, arbeiteten einst für die BMW-Elektromarke i und haben dem i3 und i8 ein Gesicht gegeben. Und jetzt auch dem M-Byte. Wenig erstaunlich, erinnert uns die sich in der C-Säule verjüngende Fensterlinie an den BMW i3 – sie hat Chefdesigner Benoit Jacob, einst in BMW-i-Diensten, wohl von seinem vorherigen Arbeitgeber mit nach China gebracht.

Die Produktionsstätte im chinesischen Nanjing ist mittlerweile nahezu fertiggebaut. Auch die rund 100 Prototypen wurden bereits im Werk gefertigt, wo danach auch die elektrische Limousine K-Byte vom Band rollt. «Derzeit arbeiten in China mit 450 Mitarbeitern ungefähr gleich viele Leute wie hier in den USA», verrät Byton-Chefentwickler David Twohig. «Doch die Zahl wird in China bald deutlich steigen.»

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