Darum gehts
- Bis zu 500 Millionen Franken jährliche CO₂-Strafzahlungen sind laut Auto Schweiz möglich
- Doch die CO₂-Bussen für Autoimporteure könnten niedriger ausfallen als befürchtet
- Die Importeure schweigen zu konkreten Zahlen, der Branchenverband verteidigt seine Prognosen
Mit seinen kürzlich überall zu lesenden Interviews (auch im Blick) verschaffte sich Auto-Schweiz-Präsident Peter Grünenfelder (57) mit markigen Worten Gehör für die Probleme seiner Branche. «Wir sehen uns in der Schweiz mit einer Politik und einer Verwaltung konfrontiert, die in unserer Wahrnehmung die Marktrealität ausblendet und teilweise doktrinär unterwegs ist.» Damit spricht er die vom Bund gemachte Kalkulation an, wonach Ende 2025 der Anteil von Elektroautos beim Autokauf bei 50 Prozent liegen soll – tatsächlich sind es aktuell aber nur knapp 30 Prozent. Vor allem ärgert Grünenfelder die vom Bundesrat kürzlich rückwirkend per 1. Januar 2025 eingeführte Inkraftsetzung der deutlich strengeren CO₂-Verordnung. Damit werden die Vorschriften für Neufahrzeuge, die trotz zahlreicher Hinweise von Auto Schweiz deutlich schärfer ausfallen als im Rest Europas, auch auf bereits erfolgte Vertragsabschlüsse und Fahrzeugauslieferungen angewendet. «Das ist für die Autowirtschaft existenzbedrohend und kann die Importeure bis zu einer halben Milliarde Franken pro Jahr kosten», schimpft der Auto-Schweiz-Präsident.
500'000'000 Franken CO₂-Busse für die Schweizer Autoimporteure pro Jahr – das wäre in der Tat happig. Aber ist das tatsächlich so? Wir fragten deshalb direkt bei den drei grossen Schweizer Autoimporteuren nach, wie hoch bei ihnen die CO₂-Busse Ende Jahr voraussichtlich ausfallen könnte und ob diese auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgewälzt werde – ob also unsere Autos teurer werden. Doch wir treffen nur auf eine grosse Mauer des Schweigens. Konkret will keine der drei grossen Schweizer Importgesellschaften unsere Fragen beantworten – und so die Aussagen Grünenfelders bestätigen. Seltsam. Warum diese Geheimniskrämerei? Vielleicht weil die CO₂-Bussen fürs laufende Jahr gar nicht so hoch ausfallen, wie dies Auto Schweiz berechnet haben will?
E-Auto-Geschäft braucht mehr Schwung
Der drittgrösste Schweizer Privatimporteur Astara (mit den Marken Abarth, Aiways, Alfa Romeo, Fiat, Hyundai, Jeep, KGM, Maxus und Nissan) antwortet zwar nicht auf unsere schriftlich eingereichten Fragen. Später am Telefon lässt man jedoch durchblicken, dass Astara Ende Jahr die CO₂-Limite vermutlich schaffen könnte und es zu keinen oder nur geringen Strafzahlungen kommen dürfte. Auch beim zweitgrössten Importeur Emil Frey mit Marken wie Citroën, DS, Jaguar, Kia, Land Rover, Leapmotor, Lexus, Mitsubishi, Opel, Peugeot, Suzuki und Toyota hüllt man sich in Schweigen und verweist lediglich auf die Importeursvereinigung Auto Schweiz. Dies obwohl sich Anfang Jahr Emil-Frey-Chef Gerhard Schürmann noch mit einem Schreiben unter anderem auch wegen der CO₂-Problematik direkt beim zuständigen Bundesrat Albert Rösti beschwert hatte.
Die grösste Importeurin unseres Landes, die Amag mit ihren Importmarken Audi, Cupra/Seat, Skoda und VW, aber auch den VW-Konzernmarken Bentley, Bugatti, Lamborghini oder Porsche, mag nicht konkret auf unsere Fragen antworten. Nichtssagend heisst es nur: «Die Marken der VW-Gruppe unternehmen alles, um möglichst geringe Lenkungsabgaben zahlen zu müssen.» Beim Nachhaken lässt man dann wenigstens durchblicken, dass die Busse für 2025 höher ausfallen dürfte als jene für 2024 (die übrigens erst nächsten Monat öffentlich bekannt wird). Aber auch bei der Amag-Gruppe dürften die CO₂-Strafzahlungen 2025 dank des endlich etwas in Schwung gekommenen Elektroauto-Absatzes vermutlich nicht ganz so dramatisch ausfallen wie noch vom Branchenverband Auto Schweiz anfangs Jahr befürchtet.
Hat Auto Schweiz übertrieben?
Hat folglich Auto-Schweiz-Präsident Peter Grünenfelder übertrieben und arbeitet mit zu dramatischen Zahlen? «Nein», verteidigt ihn Thomas Rücker, Geschäftsführer von Auto Schweiz. «Unsere Berechnung für das maximale Sanktionsvolumen von bis zu 500 Millionen Franken jährlich basiert auf den Werten, die wir in unserer Vernehmlassungsantwort zur CO₂-Verordnung im Oktober 2024 berechnet hatten.» Dabei machte Auto Schweiz allerdings keine einzelne Berechnung pro Importeur oder Marke, sondern nur eine Einschätzung für den konsolidierten Gesamtmarkt. «Bei unserer Berechnung gingen wir davon aus, dass der Anteil der Steckerfahrzeuge 2025 in der Schweiz bei den PWs bei 26 Prozent rein elektrischen und 11 Prozent Plug-in-Hybriden liegen und der Gesamtabsatz 250’000 Neufahrzeuge betragen wird.»
Nach dem ersten Quartal 2025 liegen diese Zahlen bei 20,4 beziehungsweise 9,3 Prozent, der Gesamtabsatz aber nur bei 52'690 Neuwagen – also fast 16 Prozent weniger als erwartet. Rücker: «Unsere Prognosen waren also gemäss den aktuellen ersten Quartalszahlen nicht zu pessimistisch im Antriebsmix, aber vielleicht etwas zu erwartungsvoll beim Gesamtmarkt.» Dies sei wichtig, betont Rücker, damit die Einschätzung nach der Zielwertabweichung und der Multiplikation mit dem Gesamtmarkt korrekt dargestellt werden kann.
Komplexe Berechnungen
Eine weitere Begründung für das wenig entgegenkommende Verhalten der Importeure auf unsere Fragen könnte aber auch sein, dass die detaillierte Berechnung der CO₂-Strafzölle sehr komplex ist und die Importeure vermutlich selbst noch im Nebel schippern und nicht genau wissen, was sie Ende Jahr erwartet. Die genau erreichten CO₂-Zielwerte der Branche für 2024 werden zudem vom Bundesamt für Energie (BFE) erst diesen Juni, also sehr spät, kommuniziert. Vor zwei Jahren lagen diese für PWs bei 112,7 g/km CO₂, für dieses Jahr erwartet die Branche einen Wert von 111,9 g/km – was immer noch deutlich über den ab 1. Januar 2025 verordneten 93,6 g/km läge. Thomas Rücker verspricht aber: «Sollten die 2024er-Zahlen vom BFE zeigen, dass wir mit unserer auf den Vorjahresdaten basierenden Berechnung danebenliegen, passen wir unsere Kalkulation selbstverständlich sofort an.»
Zur genauen Kalkulation kommen aber noch Zielquoten von Fahrzeugkategorien, der Gewichtsaspekt und die Möglichkeit von Abtretungen oder Pooling dazu. Thomas Rücker macht ein Beispiel: «Vereinfacht könnte beim neu festgelegten Ziel von 93,6 g/km für PWs die Abweichung rund 20 Gramm betragen, multipliziert mit dem Jahresvolumen der neu in Verkehr gesetzten Fahrzeuge und multipliziert mit dem Sanktionsbetrag von 95 Franken pro Gramm zu viel CO₂.»
So unklar die Höhe der tatsächlichen Bussen, so klar ist die Schlussfolgerung: Die Preise unserer Autos werden vom Markt bestimmt. Will heissen: Wenn jetzt nur ein Importeur seine Strafzölle auf die Preise seiner Neuwagenpalette abwälzt, dürfte die Konkurrenz sofort nachziehen. Und die Zeche würden – wieder mal – die Autofahrerinnen und Autofahrer zahlen. Doch ob es tatsächlich so weit kommt, werden wir frühestens Ende Jahr erfahren.
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