Was kann das Endzeitauto?
Erster Test mit dem Tesla Cybertruck

Seit Jahren wurde über keine Auto-Neuheit mehr diskutiert, als über den Tesla Cybertruck. Wir machen mit dem elektrischen Endzeit-Offroader eine Tour durch die Everglades – wissen aber nach wie vor nicht, was wir von diesem Pick-up halten sollen.
Publiziert: 15.09.2024 um 06:59 Uhr
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Aktualisiert: 15.09.2024 um 08:41 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Teslas Cybertruck polarisiert mit seinem kantigen und futuristischen Design
  • Der Elektro-Pick-up ist unhandlich, beeindruckt aber mit seiner Offroad-Leistung
  • Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Optisch ist der Tesla Cybertruck ein Mix aus Offroad-Pick-up, rollendem Geo-Dreieck und Mad-Max-Filmauto.
Foto: Bernhard Filser
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Bernhard Filser und Raoul Schwinnen

Keine Frage, Teslas Cybertruck polarisiert – und wie. Optisch eine Mischung aus Offroad-Pick-up, rollendem Geodreieck und Mad-Max-Filmauto ist der knapp 5,70 Meter lange Cybertruck nichts für Schöngeister. Selbst viele Tesla-Fans tun sich mit dem grobschlächtigen Edelstahlklotz auf mächtigen 285er-Offroad-Pneus schwer.

Im Süden Floridas, wo selbst ein pinker Lamborghini Aventador kaum auffällt, unternehmen wir mit dem Elektro-Pick-up einen Ausflug in die Everglades. Und weil dort die Ladesäulen seltener sind als die Stationen für Alligator-Touren, legen wir am letzten Supercharger vor den Everglades am Kendall Village Einkaufszentrum einen Lade-Zwischenstopp ein. Nur: Wo versteckt sich beim Cybertruck die Ladeklappe? Nach längerem Suchen finden wir sie gut kaschiert im Plastikradlauf hinten links.

Unpraktische Karosserie

Das klare, kantig-grossflächige Design des Cybertrucks mag zwar spektakulär aussehen – ist aber alles andere als praktisch. Dies offenbart sich schon beim Öffnen der Türen. Weil es keine Türgriffe gibt, müssen wir erst eine Sensortaste an der B-Säule drücken. Dann springt die gewünschte Tür einen Spalt auf und wir greifen in die Türkante, um sie schliesslich ganz zu öffnen. Umständlich – und nur logisch gibts bald diverse fettige Handabdrücke auf allen vier Türen, ähnlich jenen an den Edelstahlarmaturen in futuristischen Heimküchen.

Innen ist der Cybertruck übrigens nicht wesentlich bedienerfreundlicher. Typisch Tesla gibts nur ein paar Knöpfe am Lenkrad. Alle restlichen Funktionen – vom Intervall-Scheibenwischer bis zu den vorne und hinten nur elektrisch ansteuerbaren Lüftungsdüsen – müssen übers 18,5 Zoll grosse Display in der Mitte bedient werden.

Technische Daten Tesla Cybertruck AWD
  • Antrieb: 2 E-Motoren vorn und hinten, 4x4
  • Leistung: 612 PS (450 kW) und über 1000 Nm
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • 0 bis 100 km/h: 4,5 Sekunden
  • Länge/Breite/Höhe: 5,68/2,41/1,79 m
  • Leergewicht: 3050 kg
  • Reichweite: 550 km
  • Ladegeschwindigkeit: 250 kW
  • Preis: ab 99'990 Dollar
  • Antrieb: 2 E-Motoren vorn und hinten, 4x4
  • Leistung: 612 PS (450 kW) und über 1000 Nm
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • 0 bis 100 km/h: 4,5 Sekunden
  • Länge/Breite/Höhe: 5,68/2,41/1,79 m
  • Leergewicht: 3050 kg
  • Reichweite: 550 km
  • Ladegeschwindigkeit: 250 kW
  • Preis: ab 99'990 Dollar
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Mit einem zu 95 Prozent geladenen Akku und offener Ladepritsche starten wir unser Abenteuer Richtung Süden. Schnell erscheint im Display die Meldung, dass sich die Reichweite aufgrund schlechterer Aerodynamik um 25 Meilen (ca. 40 Kilometer) verringert. Sehr aufmerksam. Wir schliessen daher die Ladefläche mit dem elektrischen Rollo und finden uns damit ab, dass wir jetzt durch den Innenspiegel keine Sicht mehr nach hinten haben. Übrigens: Staubempfindliches Ladegut packt man besser ins Fahrzeug, denn der 3400 Liter grosse Laderaum ist trotz geschlossenem Rollo nicht komplett dicht, wie sich am Schluss unserer Fahrt herausstellt.

Komfortables Elektromonster

Mit gut 300 Meilen (ca. 483 Kilometer) Reichweite gehts auf dem US-Highway 41 W vorerst 20 Meilen (32,2 Kilometer) geradeaus ins Herz der Everglades. Beste Bedingungen, um den viel diskutierten Tesla-Autopiloten auszuprobieren. Nur ist dieser aktuell für den Cybertruck noch nicht verfügbar. Und es gibt nicht einmal einen Abstandstempomaten. Dafür sind wir überrascht, wie komfortabel sich das über drei Tonnen schwere Elektromonster fährt. Das Um- und Durchfahren der zahllosen Schlaglöcher meistert der Cybertruck lässig und entspannt. Bis auf die allzu laute Allradlenkung bleibt die Geräuschkulisse dabei sehr dezent.

Wenn schon, dann auch richtig: Wir lassen auf unserer Offroadtour kaum eine Pfütze oder Dreckloch aus. Eine harte Prüfung für den einzelnen XXL-Scheibenwischer. Dieser aktuell grösste Wischer eines Serienfahrzeugs ist so massiv, dass bei jedem Richtungswechsel ein am Lenkrad spürbarer Impuls an die Karosserie weitergegeben wird. Wir rollen durch dschungelähnliche Wälder, über zahllose Brücken und vorbei an vielen Touristen, die erstaunt ihre Handykameras zücken. Offenbar empfinden sie den vorbeifahrenden Cybertruck spektakulärer als die imposante Natur der Everglades.

Bald gehts wieder nach Norden und damit zurück in Richtung Zivilisation. Dort legen wir mit dem Allradantrieb und den 612 PS (450 kW) Leistung noch ein paar kernige Ampelstarts hin. Die Beschleunigung von nur 4,5 Sekunden auf Tempo 100 ist für einen derartigen Koloss beeindruckend. Und dank der Allradlenkung fährt sich der Cybertruck deutlich handlicher, als wir es bei 5,70 Metern Länge erwartet hätten. Rangieren und Einparken erfolgen so mühelos – mindestens in den USA. In Europa würde bei uns alleine schon die Gesamtbreite von 2,40 Metern bei solchen Manövern Angstschweiss auslösen.

Keine Schwarzmarktpreise mehr

Nach vier Stunden und 125 Meilen (ca. 201 Kilometer) Fahrt erreichen wir den Supercharger in Coral Terrace, einem südlichen Stadtteil von Miami. Der Batteriestand zeigt noch 52 Prozent an. Nicht schlecht, wenn wir bedenken, dass die Klimaanlage angesichts von 35 Grad Celsius und der hohen Luftfeuchtigkeit die ganze Zeit voll arbeitete. Dank der 800-Volt-Technik und daher hoher Ladeleistung von maximal 250 kW von haben wir in 15 Minuten wieder Strom für 135 Meilen (ca. 217 Kilometer) nachgeladen.

Übrigens: Ein rollendes Ufo ist der Cybertruck hier im Süden Floridas nicht mehr. Wir sind auf unserer Fahrt nicht weniger als vier weiteren Cybertrucks begegnet. Offenbar gehören die endlosen Wartezeiten beim Start des Pick-up-Neulings der Vergangenheit an. Damit sind auch die einstigen Aufpreise für eine schnellere Lieferung verpufft – Schwarzmarktpreise von über 150’000 Dollar lassen sich schon länger nicht mehr erzielen. Vielmehr ist inzwischen die Basisversion des Cybertrucks mit Allrad für exakt 99’990 Dollar zu haben – bei einer Wartefrist von nicht mal acht Wochen.

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