Darum gehts
- RC Drift Palace in Weggis bietet Miniatur-Driftrennen im Massstab 1:10
- Spezielle Reifen und japanischer Streckenbelag für authentisches Drifterlebnis
- Mindestens 1000 Franken für ein vernünftiges RC-Driftauto erforderlich
Es ist eine unscheinbare Industriehalle am Rande von Weggis LU. Was sich hier drin abspielt, kann man von aussen beim besten Willen nicht erahnen. Hinter der Tür wartet eine komplett andere Welt. Eine im Massstab 1:10. Auf gut hundert Quadratmetern erstreckt sich eine Szenerie, die direkt aus dem Hollywood-Klassiker «The Fast and the Furious: Tokyo Drift» stammen könnte.
Neonlicht, Garagen mit getunten Boliden und sogar eine kurvenreiche Bergstrecke. Alles umrahmt von akkurat verlegten Leitplanken, Strassenlaternen und Markierungen. «Den Belag für die Strecke haben wir extra aus Japan einfliegen lassen», erklärt Diego Arter (39), langjähriges Mitglied im RC Drift Palace. Denn in Japan ist das Driften mit ferngelenkten Autos eine populäre Sache. «Es gibt dort eine grosse Szene und sogar professionelle Drifter», weiss Arter.
Ein kostspieliges Hobby
Der Streckenbelag ist denn auch so etwas wie das Heiligtum der Drifter in Weggis. Er darf nur mit Socken betreten werden – wenn überhaupt. Und die Autos fahren auf einheitlichen Reifen, die keinen Abrieb auf der Strecke hinterlassen. Nur diese sind in Weggis erlaubt. Anders als bei normalen RC-Rennen, bei denen auf Zeit gefahren wird, sollen hier die Reifen bewusst wenig Grip aufbauen, damit der Wagen eben kontrolliert um die Kurve driftet. Die kleinen Rennfahrzeuge werden an speziellen «Schrauber-Plätzen» im Obergeschoss der Halle vorbereitet, bevor es auf die Strecke geht. Und wie beim Vorbild, liegt auch beim Modellauto die Kunst im perfekten Set-up.
Wer mit dem RC-Driften starten will, braucht erst ein passendes Auto. «Mindestens 1000 Franken sollte man für ein vernünftiges Auto kalkulieren», sagt Klubmitglied Andreas Kleeb (46). «Es gibt natürlich auch günstigere Kits», weiss der passionierte Modellbauer, «aber daran wird die Freude nicht lange halten.» Ein RC-Driftauto besteht aus dem Chassis, den Fahrwerkskomponenten, E-Motor samt Akku sowie Servos und Regelelektronik. Hinzu kommt der Handsender, mit dem das Auto gesteuert wird. Und das ist erst der Anfang. Kunststoffteile können gegen Karbon oder Alu getauscht werden. Zudem lässt sich das Auto mit Anbauteilen, Beleuchtung oder anderen Felgen individualisieren. «Die Karosserien sind beim Kauf in der Regel unlackiert. Auch hier gibt es unendlich viele Möglichkeiten», so Kleeb. «Und man kann sich auf die unterschiedlichsten Arten ausleben. Bei der Gestaltung des Autos, auf der Strecke und natürlich beim Set-up.»
Übung macht den Meister
Wie bei den echten Drift-Autos lässt sich die Fahrwerksgeometrie individuell einstellen. Verstellbare Dämpfer und Federn mit unterschiedlicher Härte sind zu haben. Entscheidend ist auch die Abstimmung der Elektronik: Ansprechverhalten von Lenkung, Gas und Handbremse sind wichtig, um das Auto stets unter Kontrolle zu halten. Zudem sind die Mini-Drifter im Massstab 1:10 mit einem Gyro-System ausgestattet. Es lenkt automatisch gegen, wenn das Heck ausbricht. Also driften die RC-Autos quasi von allein?
Das Driften, egal ob im Massstab 1:1 oder 1:10, sieht auf den ersten Blick ganz einfach aus. Das liegt jedoch daran, dass die Drifter in Weggis schon viele Stunden auf ihrer Strecke verbracht haben, um ihre Technik zu perfektionieren. Der Untergrund jedenfalls ist rutschig, sodass die Autos leicht über die Vorderachse rutschen und untersteuern. Um das Gegenteil zu erreichen und den Drift dann auch kontrolliert zu halten, ist ein präzises Timing und Zusammenspiel zwischen Gas, Hinterachsbremse und Lenkung nötig – wo doch schon das normale Fahren einiges an Konzentration erfordert, um nicht plötzlich in die falsche Richtung abzubiegen.
«Bei Wettkämpfen wird jeweils wie bei den grossen Vorbildern im Tandem gefahren», erklärt Kristijan Roos (41), der der RC-Drifterei schon seit 2013 verfallen ist. «Das vordere Auto gibt vor, das hintere versucht als Chase-Car möglichst parallel zu folgen.» Dabei müssen markierte Zonen durchfahren oder Hindernisse berührt werden. Jeder Lauf wird ähnlich wie beim Eiskunstlauf von einer Jury bewertet.
Zugang für Profis und Anfänger
Die Teammitglieder des RC Drift Palace sind regelmässig an nationalen und internationalen Wettkämpfen dabei und veranstalten auch solche in Weggis. Jeweils am Mittwoch von 17 bis 22 Uhr sowie am Samstag von 12 bis 20 Uhr ist ihr «Drift-Palast» öffentlich zugänglich. «Gegen eine Gebühr von zehn Franken kann hier jeder und jede mit dem eigenen RC-Auto driften», erklärt Diego Arter. «Wichtig ist dabei nur, dass die richtigen Reifen montiert sind. Nur die Einheitsreifen mit unserem Logo sind erlaubt – unserem Streckenbelag zuliebe.» Die Pneus gibts, wie auch viele weitere Teile und Sets, im RC-Drift-Shop direkt vor Ort zu kaufen.
Wer jedoch einfach mal nur schnuppern und einige Drifts probieren will, kann vor Ort auch ein Auto mieten. «Bei uns sind alle willkommen, egal ob Anfänger oder Profi», sind sich die RC-Drifter einig. Denn schlussendlich gehts vor allem um eines: die Freude am Querfahren. Komplett legal, rein elektrisch und praktisch ohne Verschleiss. «Denn hier geht eigentlich kaum je etwas kaputt. Selbst die Reifen halten fast endlos lange», fasst Andreas Kleeb schmunzelnd zusammen.