Der eine lächelt angestrengt, der andere steht etwas bedröppelt daneben. Es ist ein unglaubliches Bild, das nach der Flugzeugentführung auf Zypern die Runde macht.
Ist das tatsächlich ein Passagier, der gerade mit dem Entführer der ägyptischen Passagiermaschine posiert und dabei in die Linse grinst? Wieso lässt der Luftpirat das zu? Das ist nicht die einzige offene Frage, die nach dem Nervenkrieg rund um den entführten Flug MS181 bleibt.
«Er ist kein Terrorist, er ist ein Idiot»
Heute Morgen um acht Uhr wird der Airbus A320 der Egyptair auf einem Inlandsflug von Alexandria nach Kairo entführt. Der angeblich mit einem Sprengstoffgürtel bewaffnete Täter zwingt die Piloten zur Landung in der zyprischen Hafenstadt Larnaca.
An Bord der Maschine sind nach ägyptischen Behördenangaben 55 Passagiere, die meisten von ihnen Ägypter. Prompt nistet sich in den Köpfen der Verdacht auf Terror ein. Doch es kommt anders als vermutet. Eine Stunde nach der Landung beginnt der Entführer mit der Freilassung der ersten Geiseln.
Später wird bekannt: Es ist alles ein Bluff. Der Mann trägt eine Bomben-Attrappe, die er sich aus Handy-Hüllen gebastelt hat. Das ägyptische Aussenministerium kommentiert: «Er ist kein Terrorist. Er ist ein Idiot. Terroristen sind verrückt, aber sie sind nicht blöd. Dieser Typ ist es.»
Politische Motive oder doch Liebeskummer?
Zu seinen Motiven macht der Entführer offenbar widersprüchliche Angaben. Wie das zyprische Staatsfernsehen (RIK) unter Berufung auf die Polizei berichtet, verlangt der Mann unter anderem die Freilassung einiger oppositioneller Frauen in Ägypten.
Weiter berichtet RIK, der Mann wolle Asyl in Europa erhalten. Dies stünde in einem Brief, den er aus dem Fenster der Maschine geworfen habe. Zudem fordere er, mit seiner Ex-Frau - einer Zyprerin - zu sprechen. Der Mann soll aus Liebeskummer gehandelt haben.
Was folgt, sind Stunden des Bangens und der wirren Verhandlungen. Um 13.40 Uhr ist der Spuk schliesslich vorbei. Der Entführer ergibt sich und wird von Anti-Terror-Polizisten in Gewahrsam genommen. Zuvor hatten die letzten sieben Geiseln den Airbus verlassen.
Nach Angaben des ägyptischen Luftfahrtministers Scherif Fathi sind sowohl die Besatzung als auch alle Passagiere wohlauf. Was bleibt, ist eine Menge offener Fragen. Wer ist der kuriose Entführer? Was bezweckte er? Hatte er politische Motive oder war er nur liebeskrank?
Entführer ist ägyptischer Staatsbürger
Über seine Identität kursieren noch immer unterschiedliche Angaben. Das zyprische Aussenministerium hat ihn als Seif El Din Mustafa, einen 59-jährigen Ex-Armeeoffizier, identifiziert. Das ägyptische Staatsfernsehen hatte zuvor einen anderen Namen genannt.
Der ägyptische Ministerpräsident Scherif Ismail sagte vor Journalisten, der Entführer sei ägyptischer Staatsbürger. Auch Ismail schilderte die Motive des Mannes als rätselhaft. Einmal habe der Mann verlangt, einen Vertreter der Europäischen Union zu sprechen, dann wiederum habe er gefordert, zu einem anderen Flughafen gebracht zu werden.
Der zyprische Präsident nimmts mit Humor
Der zyprische Präsident Nikos Anastasiades schloss einen terroristischen Hintergrund aus. Der Mann wirke «psychisch labil», wie das Aussenministerium des Landes mitteilte.
Entsprechend erleichtert präsentierte sich Anastasiades nach dem unblutigen Ende des Dramas. In Zeiten des Terrors dürfte ihm nach der Verhaftung des Luftpiraten ein riesiger Stein vom Herzen gefallen sein.
An der Pressekonferenz zeigte er sich jedenfells in bester Laune und erlaubte sich zum Abschluss gar einen Scherz. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Entführung tatsächlich wegen einer Frau stattfand, antwortete er lachend: «Es geht immer um eine Frau.» (gr)