Hier kam die Schweizerin zwischen Boot und Brücke
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Tödliches Drama auf Hausboot:Hier kam die Schweizerin zwischen Boot und Brücke

Zürcherin in Jesolo erdrückt
Das Hausboot hatte eine defekte Schraube

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen das Charter-Unternehmen Houseboat Italia wegen fahrlässiger Tötung. Denn mit dem Hausboot stimmte offenbar etwas nicht.
Publiziert: 15.05.2019 um 13:38 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2019 um 14:09 Uhr
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Die Zürcher Familie war auf diesem Hausboot unterwegs, als es gegen die Zugbrücke prallte. Verzweifelt versuchte Marilyn F.* (†42) das Boot mit blossen Händen von der Brücke abzufedern und wurde beim Aufprall zerquetscht.
Foto: zVg
Myrte Müller

Es war einer der schwersten Unfälle auf dem Fluss Sile: Ende April kollidiert im italienischen Jesolo ein Hausboot mit einer nicht geöffneten Zugbrücke. Eine Zürcher Familie ist an Bord. Als das Hausboot auf die Zugbrücke zutreibet, versucht Mutter Marilyn F.* (†42) mit blossen Händen den Aufprall zu verhindern.

Sie gerät zwischen Kabinendeck und Brückentrasse, wird zerquetscht. Die Mutter stirbt vor den Augen ihrer beiden Kinder (11 und 13). Der Ehemann wird wegen fahrlässiger Tötung angeklagt (BLICK berichtete)

Verzweifelt Rückwärtsgang eingelegt

Ist der Schweizer Familienvater allein Schuld am Unglück? Diese Frage lässt Verteidigerin Paola Nardini (58) keine Ruhe. Die Venezianerin will wissen: «War das Hausboot überhaupt technisch in Ordnung?» Denn der Ehemann des Opfers, Mario F. beteuert, vor der Kollision verzweifelt den Rückwärtsgang eingelegt zu haben, um das Hausboot weg von der geschlossenen Brücke zusteuern. Es blieb aber gänzlich ohne Wirkung.

Anwältin Paola Nardini veranlasst weitere Ermittlungen. Mit Erfolg. Es stellt sich heraus: Das Hausboot war nicht in Ordnung, als es Mario F.* (41) am Samstag vor dem Unglück in Empfang nimmt. «Eine der Seitenschrauben, eine sogenannte Thruster, war defekt», sagt Nardini, «mein Mandant musste nochmals am Sonntagmorgen das Hausboot zur Werft bringen. Dort sollte der Schaden behoben werden.»

Es kommen Zweifel auf, ob das tatsächlich geschah. Das Charter-Unternehmen gerät ins Visier der Staatsanwaltschaft. Es läuft nun auch gegen die «Houseboat Italia» ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung. 

«Das ist doch der reinste Wahnsinn!»

Doch nicht nur hier sieht Paola Nardini Verantwortungslosigkeit. Sie kritisiert auch die Behörden. «Was den Personen- und Gütertransport auf den Flüssen und in der Lagune von Venedig angeht, gibt es ganz klare Vorschriften in Italien», sagt die Juristin, «er darf nur von Bootsführern vorgenommen werden, die eine Fahrprüfung abgelegt haben». Nur bei den Hausbooten brauche man keinen Bootsschein. «Da kann jeder ans Steuer. Das ist doch der reinste Wahnsinn!» 

Paola Nardini fährt mit schweren Geschützen auf. Am Donnerstag werden die Gutachter dem Untersuchungsrichter vorgestellt. Die Verteidigerin wartet mit einem waschechten Admiral der italienischen Marine auf. Gute Nachrichten für Mario F.: Der Zürcher brauche nicht zur Verhandlung anreisen, die eh, so seine Verteidigerin, mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Einstellung des Verfahrens gegen ihn enden werde. 

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