Zu viele Fälle
US-Pfadis nach Missbrauchsskandal pleite

Weil ihnen eine Klagewelle droht, hat die grösste Pfadfinder-Organisation der USA ihre Insolvenz erklärt. Die Bankrott-Erklärung der Boy Scouts of America hat einen perfiden Grund.
Publiziert: 18.02.2020 um 12:58 Uhr
1/7
Hunderte US-Pfadfinder erheben schwere Missbrauchs-Vorwürfe gegen die Organisation Boy Scouts for America.
Foto: ASSOCIATED PRESS

Beige Hemden, Halstücher – und pleite. Die Boy Scouts of America (BSA) sind bald Vergangenheit. Die grösste Pfadfinder-Organisation der USA hat ihre Insolvenz erklärt. Der Grund: drohende Zahlungsunfähigkeit wegen zu vieler Missbrauchsfälle.

Der traditionsreichen Organisation droht eine Klagewelle. Hunderte aktuelle und ehemalige Pfadfinder erheben Missbrauchsvorwürfe. Dem wollen die Boy Scouts of America zuvorkommen.

«Insolvenz bietet allen Opfern eine gerechte Entschädigung»

«Die BSA sorgt sich sehr um alle Opfer von Missbrauch und entschuldigt sich aufrichtig bei allen, die während ihrer Zeit bei den Pfadfindern verletzt wurden», sagte Roger Mosby, Präsident und CEO der 110 Jahre alten amerikanischen Pfadi-Organisation, in einer von der «Washington Post» zitierten Erklärung. Er glaubt, dass der Insolvenz-Prozess «allen Opfern eine gerechte Entschädigung bieten und gleichzeitig die wichtige Mission der BSA aufrechterhalten wird».

Die vorsorgliche Bankrott-Erklärung hat für die Opfer von sexuellem Missbrauch Vor- und Nachteile. Zwar können Betroffene ihre Geschichte nicht einzeln vor Gericht bringen, dafür können sie mit vereinter Kraft gegen die Pfadi-Organisation vorgehen und auf eine faire Verteilung der Insolvenzmasse pochen.

Allerdings ist fraglich, was zur Insolvenzmasse gehört. Ein wesentlicher Teil des Pfadi-Vermögens besteht aus Ländereien und Immobilien, die im Besitz der jeweiligen Ortsgruppen sind.

Auch Kirche und US-Turnverband meldeten Insolvenz an

Wegen der Insolvenz-Erklärung haben Betroffene nur noch einige Monate Zeit, ihre Ansprüche anzumelden. «Wenn sie bis dahin nicht bereit sind, sich zu melden... dann verlieren sie ihren Anspruch und sie verlieren ihre Stimme», erklärt Jusprofessorin Pamela Foohey in der «Washington Post».

Das Kalkül: Die Forderungen beschränken, bevor die Klagewelle noch grösser wird. Genügend Vorbilder gibt es für die Pfadis auf Abwegen. Auch zahlreiche Katholische Bistümer sowie der US-urnverband nach den Missbrauchs-Vorwürfen gegen Teamarzt Larry Nasser hatten aus Angst vor Hunderten Einzelklagen vorsorglich die Insolvenz erklärt. (kin)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?