Zeit bis zum EU-Austritt wird knapp
May will trotz Niederlage Änderungen an Brexit-Deal durchbringen

Die britische Premierministerin Theresa May will trotz der jüngsten Niederlage im Parlament an ihrem Brexit-Kurs festhalten. Das sagte die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin, Andrea Leadsom, am Freitag im BBC-Radio.
Publiziert: 15.02.2019 um 17:14 Uhr
|
Aktualisiert: 15.02.2019 um 17:52 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/4
Die britische Premierministerin Theresa May will trotz der jüngsten Niederlage im Parlament an ihrem Brexit-Kurs festhalten.

Ein EU-Austritt ohne Abkommen (No Deal) solle auch weiterhin als Option offen bleiben, fügte sie hinzu.

Erreichen einer Mehrheit scheint unrealistisch

Die Brexit-Hardliner in Mays konservativen Regierungspartei hatten ihr am Donnerstag bei einer Abstimmung über die weiteren Schritte im Brexit-Prozess die Gefolgschaft versagt. Sie fürchteten, May könne sich Forderungen beugen, ein ungeregeltes Ausscheiden aus der Staatengemeinschaft in jedem Fall zu verhindern.

Die Schlappe nagt an Mays Glaubwürdigkeit, bis zum Austrittsdatum am 29. März eine Mehrheit für den Mitte Januar vom Parlament abgelehnten Brexit-Vertrag zusammenzubekommen. Trotzdem will die Regierungschefin weiterhin die EU zu Änderungen am Austrittsabkommen bewegen.

Streit um den Backstop

«Die Premierministerin macht weiter. Sie wird weiterhin auf rechtlich verbindliche Änderungen am Backstop hinarbeiten, die dem Parlament erlauben, den Deal zu unterstützen», sagte Leadsom.

Die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland gilt als Schlüsselproblem für eine Ratifizierung des Brexit-Abkommens. Sie sieht vor, dass Grossbritannien solange in der Europäischen Zollunion bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist.

Brexit-Hardliner fürchten aber, die Regelung könnte das Land dauerhaft eng an die EU binden und eine eigenständige Handelspolitik unterbinden.

Ende Januar hatten die Abgeordneten May den Auftrag gegeben, den Backstop durch «alternative Regelungen» zu ersetzen. Die Premierministerin hatte sich zum Erstaunen Brüssels hinter den Antrag gestellt und war damit auf Schmusekurs zu den Brexit-Hardlinern gegangen.

Die EU pocht auf den Backstop, weil sie sonst eine Rückkehr der Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass Brüssel in der Frage nachgibt.

Es droht ein Chaos-Brexit

Sollte es bis zum Brexit-Datum nicht gelingen, das Abkommen zu ratifizieren, droht ein No-Deal-Brexit mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche. Den Brexit zu verschieben, lehnt die Regierung in London bislang vehement ab.

EU verzichtet auf einen Kommentar

Die EU-Kommission wollte am Freitag Mays Abstimmungsniederlage nicht kommentieren. Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte auch noch keinen Termin für den geplanten Besuch der Premierministerin in Brüssel. Brexit-Minister Stephen Barclay hatte am Donnerstag angekündigt, May werde nächste Woche erneut zu Juncker nach Brüssel reisen.

Am Montag will Barclay selbst weitere Gespräche mit EU-Unterhändler Michel Barnier führen. Zudem soll der britische Generalstaatsanwalt Jeffrey Cox nach Brüssel fahren. Er gilt als massgeblich für die Einschätzung, in welcher Form Änderungen am Backstop rechtsverbindlich wären.

Es gibt Pläne, May den Austrittsprozess zu entreissen

Kritiker werfen May vor, die Gefahr eines ungeregelten Brexits als Druckmittel zu nutzen. Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten plant daher, der Regierung bei der nächsten Abstimmungsrunde im Parlament am 27. Februar die Kontrolle über den Austrittsprozess zu entreissen. Der Plan sieht vor, May zum Verschieben des EU-Austritts zu zwingen, falls sie bis Mitte nächsten Monats keinen Erfolg mit ihrem Austrittsabkommen hat. Doch ob der Plan Erfolg haben wird, ist ungewiss. (SDA)

Der Brexit-Fahrplan - so geht es weiter
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?