Der Westdeutsche Rundfunk, kurz WDR, sieht seit dem Wochenende ziemlich alt aus. Der Grund: Auf dem Sender schmetterte der Kinderchor des Senders eine abgeänderte Version des Klassikers «Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad». Titel der vermeintlichen Persiflage: «Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau!»
Im neuen Text singen die Kinder unter anderem: «Meine Oma fährt mit 'nem SUV beim Arzt vor, überfährt dabei zwei Opis mit Rollator.» Und weiter: «Meine Oma brät sich jeden Tag 'n Kotelett, weil Discounterfleisch so gut wie gar nichts kostet.» Dazu immer wieder im Refrain: «Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau!»
Die Reaktion der Hörer liess nicht lange auf sich warten: eine Welle der Empörung. Besonders ältere Hörer fühlten sich verunglimpft. Auch seitens der Politik hagelte es Kritik am geschmacklosen Lied. CDU-Mann Wolfgang Bosbach ging vor allem auf die Verantwortlichen los und sagte der «Bild»-Zeitung: «Der Text stammt ja wohl kaum von den Kindern, die ihn gesungen haben, sondern von jemandem, der nicht den Unterschied zwischen witzig und peinlich kennt.» Der Verdacht: Die Kinder des Chors wurden für politische Zwecke instrumentalisiert.
Chorleiter Zeljo Davutovic betonte gestern, dass es sich um eine Parodie gehandelt habe: «Als die Anfrage zusammen mit Text und Lied aus der WDR-2-Redaktion kam, konnten die Kinder und Eltern freiwillig entscheiden, an dem Projekt teilzunehmen. Es gab keinen Zwang, und es wurde niemand instrumentalisiert. Den teilnehmenden Kindern wurde erklärt, was die Parodie bezwecken soll: mit Überspitzung und Humor den Konflikt zwischen den Generationen aufs Korn nehmen.»
Programmchef hält Video für «Fehler»
In einer eiligst anberaumten Sondersendung zum Kinderlied stellte sich WDR-2-Chef Jochen Rausch am Samstagabend «stellvertretend für die Redaktion» den Reaktionen der Hörer. Er stellte klar: «Wir haben einen Fehler gemacht.» Man habe nicht lang genug über die «sprachliche Feinheit» nachgedacht. Und ja, auch er selbst halte das Video für «einen Fehler».
Sogar der oberste Chef, WDR-Intendant Tom Buhrow, meldete sich live zu Wort. Er liess sich via Telefon auf den Sender schalten und sagte zum «Umweltsau»-Song: «Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.» Er rief direkt aus dem Spital seiner Heimatstadt Siegburg (D) an, dort liegt sein 92-jähriger Vater seit Heiligabend. «Er sitzt neben mir, und ich kann sagen: Er ist keine Umweltsau. Er hat sein Leben lang hart gearbeitet.» Der WDR wolle Menschen nicht spalten, sondern einen «Beitrag zu einem besseren Klima in unserem Land» leisten.
Für das «bessere Klima» in seinem Sender wurde umgehend gesorgt: Wenige Stunden nach der Veröffentlichung löschte der WDR das Video des Kinderchors komplett – von seiner Facebook-Seite und aus seiner Mediathek.
Typisch deutsch: Auch an dieser Löschaktion scheiden sich wieder die Geister. (rdd)