Bei der deutschen CDU weht ein anderer Wind. Dies, seit Annegret Kramp-Karrenbauer (56) Anfang Dezember 2018 Angela Merkel (64) als Parteipräsidentin abgelöst hat. Ganz offen spricht die Partei nun darüber, was bei der grossen Flüchtlingskrise alles schiefgelaufen ist. Kramp-Karrenbauer, kurz AKK, sagt dazu: «Wir müssen alles daran setzen, dass sich diese Situation nicht wiederholt.»
In sogenannten Werkstattgesprächen legten die Parteimitglieder Massnahmen auf den Tisch, mit denen sie in den Europawahlkampf ziehen wollen. Das EU-Parlament wird vom 23. bis 26. Mai neu bestellt.
Auch Grenzschliessung möglich
Das sind die Vorschläge:
- Nur noch eine Instanz für Asylverfahren. So könnten abgelehnte Asylbewerber nicht mehr in die Berufung, und das Verfahren würde massiv beschleunigt.
- Lügen über Alter und andere falsche Angaben würden zur sofortigen Beendigung des Asylverfahrens führen und bestraft werden.
- Straftäter sollen schneller ausgeschafft werden. Wer sexuelle Übergriffe macht oder Polizisten angreift, soll generell ausgewiesen werden.
- Mehr Befugnisse für die Bundespolizei.
- Planung für eine Überwachung der deutschen Grenzen.
- Sanktionsmassnahmen für Integrationsverweigerer.
- Keine Wiedereinreise-Möglichkeit nach Abschiebung.
- Als wichtiges Instrument bezeichnet AKK ein Migrationsmonitoring. «Wir brauchen ein Frühwarnsystem, damit es uns nicht so geht wie im Frühjahr 2015.»
AKK betont, dass sie das Grundrecht auf Asyl nicht abschaffen wolle. Sie sagt aber auch: «Wir sind kein Rechtsstaat, der sich auf der Nase herumtanzen lässt.» Als äusserste Massnahme könne sich sogar eine Schliessung der Grenzen vorstellen. Eine Massnahme, die Merkel nie in Betracht gezogen hätte.
Noch ist offen, welche Vorschläge in den Wahlkampf einfliessen werden. Die Liste dient als Basis für weitere Diskussionen.
Spalt in der Koalition wächst
Kanzlerin Angela Merkel nahm an den Diskussionen nicht teil. Im vergangenen Jahr hatte sie gesagt, die CDU werde ihren Rang als Volkspartei verlieren, «wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist, und damit die ganze Zeit verplempern».
Mit dieser Stossrichtung holt die Partei viele Abtrünnige, die inzwischen mit der rechten AfD sympathisieren, zurück, dürfte aber bei der Koalitionspartnerin SPD für rote Köpfe sorgen. Das deutsche Politmagazin «Cicero» kommentiert: «Ob CDU/CSU und SPD auf dieser Basis noch lange gemeinsam regieren können, wird sich zeigen müssen. Die Sollbruchstellen der Grossen Koalition werden zumindest immer sichtbarer.»