Die Gefängnisse in Dänemark werden immer voller und ein Ende ist laut der Regierung noch nicht in Sicht. Die Skandinavier gehen sogar davon aus, dass in den nächsten Jahren rund 1000 Plätze fehlen werden.
Deshalb hat die dänische Regierung nach einer Lösung gesucht – und ist im Kosovo fündig geworden. Am Montag haben die beiden Staaten ein Abkommen unterzeichnet, das festhält, dass Dänemark einen Teil seiner Häftlinge ab 2023 in kosovarische Gefängnisse auslagern darf.
Kosovaren kritisieren dänisches Vorhaben
Gegenwärtig sitzen in dänischen Haftanstalten 348 Menschen, die ausgeschafft werden sollen. In den Gefängnissen im Kosovo sollen die gleichen Regeln gelten wie in den dänischen Gefängnissen, wie Justizminister Nick Hækkerup versichert.
Bei den über 300 Personen, die ihre Haftstrafe im Kosovo absitzen sollen, handelt es sich um verurteilte Drittstaatsangehörige. «Ihre Zukunft liegt nicht in Dänemark, und deshalb sollten sie ihre Strafe nicht hier verbüssen», erklärt Hækkerup.
Das Ganze soll rund 210 Millionen Euro kosten, bestätigt die dänische Regierung an einer Pressekonferenz. Wie das dänische Staatsmedium DR News berichtet, gibt es im Kosovo Kritik an dem Abkommen. So sagte Behxhet Shala, Geschäftsführer einer kosovarischen Nichtregierungsorganisation für Menschenrechte: «Wir sind gegen dieses Abkommen, weil unser Gefängnissystem die Gefangenen, die hierher geschickt werden, nicht aufnehmen kann. Es ist für Dänemark ein Leichtes, 300 Gefangene zu finden, die es nicht haben will, und sie in ein ausländisches Gefängnis zu stecken.»
Gefängnisse im Kosovo wie «ein Stück Dänemark»
Auch Fatmire Haliti, Expertin für kosovarische Gefängnisse vom Kosova Rehabilitation Center for Torture Victims, macht ihrem Ärger im Interview mit dem dänischen Sender Luft: «Durch das Abkommen werden kosovarische Gefangene als zweitklassig eingestuft, da die dänischen Gefangenen eines der neueren, gut funktionierenden Gefängnisse in Gjilan benutzen dürfen. Deshalb müssen viele Gefangene verlegt werden.»
Justizminister Hækkerup erläuterte, dass der Kosovo selbst für seine eigenen Gefangenen zuständig sei. Die Gefängnisse in Gjilan sollen als «ein Stück Dänemark im Kosovo» betrachtet werden, da sich diese unter dänischer Leitung befinden werden. Ob es bei dieser Aktion nicht eher darum geht, dass ein reiches Land seine Probleme auf eines der ärmsten Länder Europas abwälzt? «Nein», findet Hækkerup. «In diesem Fall steckt viel mehr hinter der Vereinbarung: Wir werden den Aufbau des kosovarischen Gefängnissystems unterstützen und massiv in das Land investieren.» (chs)