Die Kunststudentin Parisa Rafiee (24) ist den islam-konservativen Behörden im Iran ein Dorn im Auge. Immer wieder nimmt sie an Studentenprotesten teil und lehnt sich gegen das Regime auf.
Wegen «Verschwörung gegen die nationale Sicherheit» und «Störung der öffentlichen Ordnung» war sie 2018 zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, die später auf ein Jahr verkürzt wurde. Dazu kamen 74 Peitschenhiebe sowie ein zweijähriges Verbot für Auslandreisen und politische Aktivitäten. Zurzeit sitzt sie im berüchtigten Evin-Gefängnis.
Junge Frauen unter Druck setzen
Nun wird die Strafe verlängert. Parisa Rafiee hatte nämlich einen sogenannten Jungfräulichkeitstest verweigert und sich auch darüber beschwert. Gegenüber iranischen Menschenrechtsorganisationen sagte Rafiee über den versuchten Test: «Ich blieb hart, und trotz Drohungen und Druck gelang es ihnen nicht.»
Aus Angst vor Vergewaltigungsvorwürfen verzichteten die Behörden darauf auf die gewaltsame Durchführung des Tests.
Nachdem ein Gericht Parisa Rafiee zuerst freigesprochen hatte, wurde das Urteil auf Druck revidiert und in 15 Monate Haft umgewandelt. Grundlage für die erneute Verurteilung ist vor allem ein Brief, in dem Rafiee 2019 gegen die Bedingungen in der Untersuchungshaft protestierte. Um junge Aktivistinnen unter Druck zu setzen, werden sie in Einzelhaft gesteckt und eben einem Jungfräulichkeitstest unterzogen.
Der Häutchen-Test
Bei solchen Tests soll mit einer vaginalen Untersuchung anhand des Zustandes des Jungfernhäutchens festgestellt werden, ob die betroffene Frau Geschlechtsverkehr hatte. Medizinisch ist das Unsinn: Weder zeigt ein intaktes Hymen zwingend, dass eine Frau keinen Geschlechtsverkehr hatte, noch zeigt ein gerissenes Hymen den vollzogenen Akt.
Das Hymen kann durch verschiedenste Formen von Betätigung reissen, bei Sport ebenso wie bei körperlicher Arbeit. Ebenso kann es, besonders bei sanftem Geschlechtsverkehr und einem kleinen Penis, intakt bleiben.
In islamischen Ländern dürfen Frauen vor der Ehe keinen Sex haben. Inzwischen gibt es daher die «Hymenoplasty». Mit diesem chirurgischen Eingriff kann man ein zerrissenes Hymen rekonstruieren. Da solche Eingriffe oft in armen Ländern und in illegalen Kliniken stattfinden, ist das Komplikationsrisiko gross.
Sofortiger Stopp verlangt
Amnesty International schreibt: «Jungfräulichkeitstests sind äusserst diskriminierend, verletzen die Rechte auf Würde und körperliche und geistige Unversehrtheit und verstossen gegen völkerrechtliche Bestimmungen zum Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung.»
Auch das Uno-Menschenrechtsbüro fordert ein Ende. «Solche medizinisch unnötigen und oftmals schmerzhaften und demütigenden Tests müssen gestoppt werden.»