Wasil kämpfte an vorderster Front
Taliban ermorden 10-jährigen «Kriegshelden»

Weil Wasil Ahmad sein Dorf zäh vor den Taliban verteidigte, wurde er in seiner Heimat und in den sozialen Medien gefeiert. Nun haben ihn die Taliban bei einem Attentat hinterrücks ermordet.
Publiziert: 05.02.2016 um 12:24 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:51 Uhr
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Das Bild ging um die Welt: Der schwer bewaffnete Wasil, der sein Dorf verteidigte.
Foto: Twitter

Man sagt, nicht das Alter, sondern die äusseren Umstände machen einen Menschen erwachsen. Ein besonders tragisches Beispiel ist Wasil Ahmad (†10) aus einem Dorf im Herzen Afghanistans. Wasil ist gerade dabei, auf einem Markt für die Familie einzukaufen, als er von Taliban-Attentätern auf Motorrädern erschossen wird. Der Junge, eine Symbolfigur im Kampf gegen die Taliban, war den Fanatikern schon länger ein Dorn im Auge. «Wir haben einen Handlanger der Regierung getötet», triumphieren sie nach dem Attentat im Internet.

Abrupt vom Bub zum Mann wird Wasil, als die Taliban sein Dorf im vergangenen Sommer zwei Monate lang belagern. Als sein Onkel, ein Polizei-Kommandant, verletzt wird, übernimmt Wasil das Kommando. Er will sich an den Taliban rächen, die seinen Vater getötet haben, erzählt sein Onkel gegenüber CNN.

«Er führte meine Männer 43 Tage lang, und am Ende wehrten wir sie ab. Wir waren nur 75 Leute und standen hunderten von Taliban-Kämpfern gegenüber», sagt der Onkel. Diesem zufolge ist Wasil von frühmorgens bis spät auf dem Dach, um mit seinem Maschinengewehr auf die Angreifer zu feuern – und tötet dabei mehrere. «An einigen Tagen feuerte er 3000 Kugeln ab», so der Onkel.

Auf Social Media als Held gefeiert

Nach der Vertreibung der Taliban im August 2015 werden die Kämpfer in Afghanistan gefeiert – allen voran der kleine Wasil. Der stellvertretende Polizeichef der Provinz Uruzgan hängt ihm eine Blumenkette um, die Bilder des jungen «Kriegshelden» verbreiten sich in den sozialen Medien.

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Es ist eine Heldengeschichte mit einem schalen Beigeschmack. Obwohl es per Gesetz verboten ist, setzen sowohl die Taliban als auch die Anti-Taliban-Milizen Kinder in ihren Gefechten ein. «Zwei Verbrechen sind hier geschehen: der Mord an sich, aber auch die Tatsache, dass der Junge überhaupt gekämpft hat», sagt Patricia Grossman von Human Rights Watch in Afghanistan. «Die Taliban sind für den Tod von Wasil Ahmad verantwortlich. Aber diejenigen, die dieses Kind mit Waffen ausgerüstet und ihn in den Kampf geschickt haben, sind genauso schuldig.»

Wasil ist auf dem Weg zurück in ein normales Leben, als er getötet wird. Er geht zur Schule und will später Polizist werden. Bei einem Privatlehrer lernt er sogar Englisch.

Dass die Taliban nicht davor zurückschrecken, Kinder zu ermorden, haben sie schon zuvor demonstriert. Im Jahr 2012 strecken sie die damals 14-jährige Aktivistin Malala Yousafzai mit einem Kopfschuss nieder. Malala überlebte, zog nach Grossbritannien und wurde 2014 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. (rey)

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