Hier wird der Cessna-Flieger vom Kampfjet begleitet
0:41
Wenige Momente vor dem Absturz:Hier wird der Cessna-Flieger vom Kampfjet begleitet

Was geschah nur an Bord der Geister-Cessna?
Das Protokoll des Todesflugs

Der Geisterflug einer Cessna stellt die Ermittler weiter vor ein Rätsel. Der Privatjet sollte in Köln landen, stürzte aber in die Ostsee. An Bord der Maschine: eine Familie aus Deutschland. Nun wurden menschliche Überreste in der Nähe der Absturzstelle gefunden.
Publiziert: 06.09.2022 um 15:54 Uhr
|
Aktualisiert: 06.09.2022 um 20:49 Uhr

Nach dem rätselhaften Absturz eines Flugzeugs in der Ostsee suchen lettische Einsatzkräfte weiter nach den vermissten Insassen. Nachdem bereits mehrere Wrackteile und Trümmer der verunglückten Maschine aus dem Meer geborgen wurden, fanden die Retter nun auch menschliche Körperteile nahe der Absturzstelle.

An Bord der Cessna 551 befanden sich der deutsche Unternehmer Peter G.* (72), seine Frau Juliane G.* (69), die gemeinsame Tochter Lisa G.* (26) und ihr Lebensgefährte (27). Die Identität der Passagiere wurde allerdings noch nicht offiziell bestätigt. Auch ob es sich bei den gefundenen Überresten um die Passagiere handelt, ist noch unklar.

Zur Suche auf See werden Schiffe der lettischen Marine und des Grenzschutzes eingesetzt. Rettungskräfte wollen am Dienstag, mithilfe von Drohnen unter Wasser, nach Spuren suchen.

Die Cessna 551 startete Sonntagmittag am Flughafen Jérez in Spanien. Das Ziel: Der Flughafen in Köln. Doch 50 Minuten nach Start meldet der Pilot einen Druckabfall.
Foto: -
1/8
Hier wird das Flugzeug angefunkt
0:56
«Vier Personen sind an Bord»:Hier wird das Flugzeug angefunkt

Bislang wurden nach Angaben der Behörden elf Fragmente der Unglücksmaschine gefunden. Von Peter G. und den anderen drei Passagieren fehlt weiterhin jede Spur. Die Chancen, dass sie den Absturz überlebt haben, sind gering. Was an Bord geschah, ist unklar. Die «Bild» hat die letzten Stunden der Cessna zusammengefasst:

Sonntag, 4. September: Die Millionärsfamilie macht sich gerade von ihrem Luxusanwesen in Andalusien auf den Weg in ihre Heimat nach Köln. Was während des Fluges passiert, wirft ein Rätsel nach dem anderen auf.

14.57 Uhr: Die Cessna startet am Flughafen Jérez (Spanien). Peter G. ist ein erfahrener und leidenschaftlicher Pilot. Peter G. kämpfte mit einer Krankheit, es ging ihm aber wieder besser und er durfte wieder fliegen.

Schon kurz nach dem Start gibt es das erste Problem: Peter G. meldet einen Druckabfall. Dieser führt vermutlich dazu, dass die Passagiere ohnmächtig werden. 50 Minuten später versucht die spanische Flugsicherheit verzweifelt, den Piloten zu erreichen – vergeblich. Es steigen Kampfjets auf, die das führerlose Flugzeug in den französischen Luftraum begleiten. Gesteuert wird das Flugzeug vom Autopiloten.

16.57 Uhr: Einer der Kampfjet-Piloten meldet, das Cockpit der Cessna sei leer. Er nehme aber Bewegung in der Kabine wahr. Seine Funksprüche bleiben unbeantwortet.

17.45 Uhr: Die deutsche Luftwaffe übernimmt das Flugzeug im südlichen Nordrhein-Westfalen, sagt ein Sprecher gegenüber «Bild». «Unsere Piloten haben sich parallel neben die Maschine gesetzt, um ins Cockpit zu schauen», so der Luftwaffen-Sprecher. Um 18 Uhr sehen auch Passanten das merkwürdige Geschehen in der Luft: Die Eurofighter fliegen links und rechts neben der Cessna 551 her. Die Situation spitzt sich zu, Experten berechnen, wie viel Sprit das Flugzeug noch hat und wo es abstürzen könnte.

19.00 Uhr: Die Cessna 551 fliegt über Rügen und verlässt den deutschen Flugraum. Nun ist klar: Der Tank reicht nicht mehr lange und das Flugzeug wird über der Ostsee abstürzen.

19:37 Uhr: Der Tank ist leer und das Flugzeug verliert rasant an Geschwindigkeit. Danach fallen die Triebwerke aus.

19.55 Uhr: Mit 475 km/h stürzt das Flugzeug westlich der lettischen Hafenstadt Ventspils ins Wasser. Wrackteile und Öl treiben auf dem Meer. Doch die Suche nach den Vermissten geht weiter, auch wenn es immer unwahrscheinlicher wird, dass jemand überlebt hat.

Peter G. war Unternehmer und Ehrenpräsident des Kölner Traditionskorps «Blauer Funken». Seine Kollegen haben die Hoffnung, dass er wieder auftaucht, noch nicht aufgegeben. Der Sprecher des Karnevalklubs sagt zur «Bild»: «Auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass die Insassen überlebt haben, so wollen wir das Ergebnis der Suchaktion durch die zuständigen Rettungskräfte abwarten.»

Grund der Tragödie ist allem Anschein nach der Druckabfall nur wenige Minuten nach Start der Maschine. Funktioniert der Druckausgleich nicht, können die Menschen an Bord ersticken. Normalerweise fallen in dem Moment, in dem der Druckausgleich nicht gelingt, Sauerstoffmasken aus der Deckenvorrichtung des Flugzeugs. Im Cockpit sieht das anders aus, der Pilot muss die sogenannte «Quick Donning Mask» selbst aufsetzen. Geschieht dies nicht, kann der Flug tödliche Folgen haben. (SDA/jwg)

* Namen bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden