Hier gesteht Neonazi Stephan Ernst den Mord an Lübcke
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Verhör-Videos aufgetaucht:Hier gesteht Neonazi Stephan Ernst den Mord an Lübcke

Während in Frankfurt der Prozess stattfindet
Hier gesteht Neonazi Stephan Ernst den Mord an Lübcke

In Frankfurt (D) läuft der Prozess um die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (†65) im Juni 2019. Nun sind zwei Vernehmungsvideos vom Hauptverdächtigen Stephan Ernst (46) aufgetaucht. Dabei erzählt er zwei verschiedene Versionen.
Publiziert: 29.07.2020 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2021 um 14:08 Uhr
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Der mutmassliche Täter Stephan Ernst (46).
Foto: keystone-sda.ch

Es war ein eiskalter Mord: Am 2. Juni 2019 wurde der CDU-Politiker Walter Lübcke (†65) auf seiner Terrasse in Kassel erschossen. Nun läuft seit Mitte Juni in Frankfurt der Prozess um die Ermordung. Angeklagt sind der deutsche Neonazi und mutmassliche Täter Stephan Ernst (46) sowie sein mutmasslicher Komplize Markus H. (44).

Am Dienstag – just während des Prozesses – veröffentlicht der Online-Sender «Funk» von ARD und ZDF eine Reportage über den Mordfall. Darin sind zwei Verhöre von Ernst zu sehen. Eines, wenige Wochen nach dem Mord und das zweite, rund ein halbes Jahr später. Ernst widerspricht sich in den Verhören und zieht sein Geständnis sogar zurück. Die Verhöre wurden auch vor Gericht gezeigt. Die Videos wurden dem Sender zugespielt.

«Dort habe ich das erste Mal gedacht, Lübcke was anzutun»

Im ersten Verhör gesteht Ernst – ohne Anwalt – den Mord an Walter Lübcke. Dabei schildert und zeigt er, wie die Tatnacht ablief. Kurz vor Mitternacht sei er über die Mauer in den Garten des Politikers gestiegen. «Ich hatte die Waffe schon in der Hand. Der Tatentschluss war klar», sagt der 46-Jährige damals den Ermittlern. Lübcke stand alleine auf seiner Terrasse.

Dann ging alles ziemlich schnell: Lübcke habe kurz den Schatten von ihm gesehen. «Ich hab auf Kopfhöhe gezielt. In dem Moment ist der Schuss gefallen», sagt Ernst weiter. Der Kasseler Regierungspräsident war auf der Stelle tot. Ernst verriet auch, wo er die Mordwaffe versteckt hatte. Deren Spur führt später sogar in die Schweiz

Auch sein Motiv für die Tat gesteht Ernst. Vor allem seine rechtsradikale Gesinnung sei der Grund. Er hatte «einige Schlüsselmomente gehabt». Ein solches seien die Übergriffe von Personen mit Migrationshintergrund in der Silvesternacht 2015 in Köln gewesen. Ernst dazu: «Dort habe ich das erste Mal gedacht, Lübcke was anzutun.»

Ermittlungsrichter glaubt Ernst nicht

Doch nur ein halbes Jahr später schildert Ernst eine komplett andere Version der Tatnacht. Beim zweiten Verhör ist neben einem Anwalt auch ein Ermittlungsrichter dabei. Ernst ging in dieser Darstellung zusammen mit Markus H. (44) zum Haus des Politikers. «Lübcke hatte uns gleich bemerkt. Dann hielt H. gleich die Waffe auf ihn», sagt der 46-Jährige.

Lübcke wollte aufstehen, doch Ernst habe ihn in den Stuhl gedrückt. Als der Politiker ein weiteres Mal aufstand und schrie, sei ein Schuss aus der Pistole gefallen. Angeblich wollten die beiden den Politiker aber gar nicht töten, sondern nur bedrohen.

Nach der Schilderung von Ernst sagt der Ermittlungsrichter klar: «Irgendetwas passt da vorne und hinten nicht. Im Sommer geben sie die Tat zu, obwohl es angeblich ein Unfall war. Das ist ein fundamentaler Widerspruch. (...) Ich kann mir schlichtweg noch nicht vorstellen, dass das so war.»

Verteidiger von Ernst entlassen

Nun läuft also der Lübcke-Prozess in Frankfurt. Dort kam es am Dienstag zu einem Paukenschlag: Einer der beiden Anwälte des Hauptangeklagten Stephan Ernst wurde abberufen, wie die «Bild» berichtet.

Grund: Das schlechte Vertrauensverhältnis zwischen Ernst und seinem Pflichtverteidiger Frank Hannig. Der Pflichtverteidiger habe mehrere Anträge nicht mit seinem Mandanten abgesprochen. Am Dienstagvormittag verkündete der Richter schliesslich die Entlassung. (sib)

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