An dem Tag, an dem der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (75) Ungarn besucht, zieht sich das Land vom Internationalen Strafgerichtshof zurück. Dies teilte die Regierung mit. Man werde den Austrittsprozess einleiten.
Der internationale Strafgerichtshof setzte ein Haftbefehl gegen Netanyahu aus. Das heisst: Ungarn hätte den Regierungschef eigentlich festnehmen müssen. Durch den Austritt wollte die Regierung diesen Schritt potenziell umgehen.
Netanyahu bedankt sich für die Unterstützung
«Dieses Gericht ist zu einem Mittel der Politik degradiert worden», sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (61) in einer gemeinsamen Presseerklärung mit Netanyahu in Budapest. «Seine parteiische Haltung zeigte es gerade in seinen Entscheidungen zu Israel.» Daran werde sich Ungarn nicht beteiligen, fügte er hinzu.
Netanyahu bedankte sich bei Orban für die Unterstützung, die Israel durch Ungarn erfahre. Mit dem angekündigten Austritt Ungarns aus dem IStGH habe Orban eine «mutige und prinzipienfeste Haltung» erkennen lassen, sagte Netanyahu. Der IStGH hatte im November des Vorjahres einen internationalen Haftbefehl gegen Netanyahu wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg erlassen. Netanyahu weist die Anschuldigungen zurück und behauptet, das Weltstrafgericht wolle Israel das Recht auf Selbstverteidigung im Kampf gegen die Terrormiliz Hamas im Gazastreifen streitig machen.
Ungarn muss weiter mit der Institution zusammenarbeiten
Orban hatte die Einladung an Netanyahu demonstrativ nach Erlass des Haftbefehls ausgesprochen und diesen als kontraproduktiv und unsinnig abgetan. Kritiker werfen dem mit autoritären Methoden regierenden Rechtspopulisten Orban vor, grundlegende Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn ausgehöhlt zu haben und diesen Kurs trotz aller Proteste unbeirrt weiterzuverfolgen.
Mit einem Austritt aus dem Strafgerichtshof macht sich Ungarn nicht frei von der Pflicht, den Haftbefehl gegen Netanyahu zu vollstrecken. Ein Austritt aus dem Grundlagenvertrag des Gerichts tritt erst ein Jahr nach Eingang der schriftlichen Austrittserklärung in Kraft. Aber auch danach bleiben die Verpflichtungen bestehen, die ein Vertragsstaat während seiner Mitgliedschaft übernommen hatte. Also auch Ungarn muss demnach weiter bei Ermittlungen mit dem Gericht zusammenarbeiten, wenn diese vor dem Austritt begonnen hatten.