Der Immunologe Beda Stadler ärgert sich. «Das Bundesamt für Gesundheit argumentiert mit Halbwahrheiten. Die Beamten wollen uns für dumm verkaufen.»
Die Vogelgrippe-Maskenaktion von Bern begann schon mit einer Panne. Auf der Verpackung der vom BAG empfohlenen Maske 3M steht geschrieben: «Diese Maske (...) schützt den Träger nicht vor ansteckenden Krankheiten» (im BLICK). Der Aufdruck verwirrt viele Konsumenten.
Was Wissenschaftler Stadler nun auf die Palme bringt, ist die verfehlte Kommunikations-Strategie des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).
Neuester Flop: Die Fachleute des Bundes haben verschwiegen, dass der nationale Massenverkauf von Vogelgrippemasken alle zwei Jahre wiederholt werden muss. Denn die Hygienemasken haben ein Verfallsdatum. Beispiel: die 3M- Masken. Sie werden in der Migros verkauft und haben ein BAG-Gütesiegel. Die Gültigkeitsdauer läuft in der ersten Jahreshälfte 2010 ab. Das deklariert der Hersteller auf der Verpackung.
Im Klartext: Selbst bei korrekter Lagerung halten die Masken nicht einmal 3 Jahre. Wenn die Vogelgrippe-Pandemie dann kommt, sind die Masken bereits unbrauchbar geworden.
BAG-Sprecher Jean-Louis Zürcher bestätigt, dass die Masken ein Ablaufdatum im Jahr 2010 haben. Dann wiegelt er ab: «Das ist nur ein Pflichtaufdruck. Die Masken sind länger funktionstüchtig.»
Doch einer der bekanntesten Infektologen der Schweiz widerspricht ihm. Christian Ruef, Professor am Unispital Zürich, erklärt: «Das ist unklar. Es kann durchaus sein, dass die Masken ihre Wirkung mit der Zeit verlieren.»
Auch Ruef ärgert sich über die wirre Planung und Kommunikation des BAG. «Das hätte man sicher besser machen können.»
Brisant: Die Hygiene-Masken «Sanor» der Firma Lamprecht AG, Regensdorf ZH, sind zwar etwas teurer als die 3M-Masken, dafür aber unbeschränkt haltbar. Weshalb das BAG nicht dieses Produkt empfohlen hat, ist unklar.
Auch in den Spitälern löst das Hauruck-Vorgehen des Bundes Kopfschütteln aus. «Der Maskenplan des BAG traf uns völlig unvorbereitet», sagt Spital-Sprecher Andreas Bitterlin. Die Verantwortlichen wurden vom BAG nicht informiert. «Dass wir Masken kaufen müssen, haben wir aus der Zeitung erfahren.» Eiligst hat man das Thema für die nächste Vorstandssitzung traktandiert. Beschaffung, Lagerung, Einsatz der Masken müssen erst geplant und vorbereitet werden.
Chaos ist auch in vielen Apotheken ausgebrochen. Vielerorts sind die Masken bereits ausverkauft. «Mein Lager ist leer», sagt Apotheker Christian Göldlin in Aarau. Nachbestellungen dauern lange, weil es bei den Lieferanten Engpässe gibt. Die meisten Masken bekommen Migros und Coop. Darüber ärgern sich auch in der Westschweiz immer mehr Apotheker, berichtet die Zeitung «Le Matin». Sie fühlen sich von den grossen Anbietern bedroht. «Zudem wäre die Beratung bei uns viel besser», sagt Marcel Mesnil, Sekretär des Schweizer Apothekerverbandes.