«Das ist gezielt politisch motiviert»
Verfassungsschutz stuft ganze AfD als gesichert rechtsextrem ein

Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert rechtsextremistisch ein. Die Partei verfolge gegen die demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen.
Publiziert: 02.05.2025 um 10:08 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2025 um 13:05 Uhr
Was bedeutet der Entscheid für AfD-Chefin Alice Weidel?
Foto: IMAGO/Mike Schmidt

Der deutsche Inlandsgeheimdienst stuft die AfD in Deutschland als gesichert rechtsextremistisch ein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte mit, der Verdacht, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet. 

AfD-Parteivize Stephan Brandner kritisierte den Verfassungsschutz nach Bekanntwerden des Entscheids scharf. Die Entscheidung sei «inhaltlich völliger Blödsinn, hat mit Recht und Gesetz überhaupt nichts zu tun und ist eine rein politische im Kampf der Kartellparteien gegen die AfD», sagte Brandner am Freitag der «Rheinischen Post». Die Entscheidung sei «als weitere unfaire Kampfmassnahme gegen die einzige Oppositionskraft leider so erwartbar» gewesen.

Die AfD hat bereits rechtliche Schritte gegen die Einstufung angekündigt. Die Partei werde sich «gegen diese demokratiegefährdenden Diffamierungen weiter juristisch zur Wehr setzen», erklärten die Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla am Freitag. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes sei «ein schwerer Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie»

Scholz und Faeser warnen vor Schnellschuss

Deutschlands Noch-Kanzler Olaf Scholz warnt trotz der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch vor einem voreiligen Verbotsverfahren. «Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen darf», sagte der Politiker beim Kirchentag in Hannover. Das Bundesverfassungsgericht habe alle Verbotsanträge der letzten Zeit abgelehnt. «Ich bin gegen einen Schnellschuss und werde deshalb auch nicht sagen, so sollten wir es machen», sagte Scholz weiter.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat klargestellt, dass die Hochstufung der AfD durch den Verfassungsschutz und ein mögliches Parteiverbotsverfahren unabhängig voneinander zu betrachten sind. «Diese rechtlichen Instrumente sollten wir immer von der notwendigen politischen Auseinandersetzung trennen», sagte sie am Freitag in Berlin. Bei einem Parteiverbotsverfahren gebe es «aus guten Gründen sehr hohe verfassungsrechtliche Hürden». Faeser sagte weiter, ein Parteiverbotsverfahren «sollte man nicht ausschliessen, aber weiterhin sehr vorsichtig damit umgehen». Es gebe jedenfalls nach der Entscheidung vom Bundesamt für Verfassungsschutz diesbezüglich «keinerlei Automatismus», ergänzte Faeser. 

«Nicht gleichwertig»

Die Alternative für Deutschland (AfD) war 2013 gegründet worden, zunächst als Partei der Eurokritiker. Sie rückte im Laufe der Jahre weit nach rechts. «Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmässige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar», teilte die Sicherheitsbehörde mit. Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschliessen.

«Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes», heisst es in der Mitteilung des Inlandsgeheimdienstes.

Äusserungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstiessen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems. Dies sei massgeblich für die nun getroffene Einschätzung.

Drei Landesverbände bereits zuvor gesichert rechtsextremistisch

Die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten die jeweiligen AfD-Landesverbände bereits zuvor als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.

Nachdem Medien im Februar 2021 über eine mutmassliche Einstufung der Gesamtpartei als sogenannter Verdachtsfall berichtet hatten, musste der Verfassungsschutz auf Geheiss des Kölner Verwaltungsgerichts noch rund ein Jahr warten, bis er diese Einschätzung publik machen und die Partei entsprechend beobachten konnte.

Im Mai 2024 hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat. Der Rechtsstreit geht noch weiter. Grundlage der nun getroffenen Entscheidung ist ein umfangreiches Gutachten des BfV, das nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt ist. Eine Veröffentlichung des internen Arbeitspapiers, in das auch Erkenntnisse aus dem zurückliegenden Bundestagswahlkampf eingeflossen sind, ist nicht vorgesehen.

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