In Madagaskar hat das Militär nach Protesten und einem Amtsenthebungsverfahren gegen den geflohenen Präsidenten Andry Rajoelina (51) die Machtübernahme verkündet. Die Verfassung sei ausgesetzt und ein Präsidentschaftsrat aus Angehörigen der Armee und Gendarmerie eingesetzt worden, verkündete ein Offizier der Spezialeinheit Capsat vor dem Präsidentenpalast in der Hauptstadt Antananarivo.
In den vergangenen Tagen erschütterten Proteste der sogenannten «Generation Z» das Land. Diese wurden so stark, dass Rajoelina aus dem Land fliehen musste. Nun hat das Militär übernommen.
«Wir ergreifen die Macht», erklärte der Offizier. Zuvor hatte das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rajoelina in Gang gesetzt.
Junge demonstrieren für bessere Lebensbedingungen
Die Einheit des Militärs hatte zuvor bereits am Wochenende erklärt, sie habe die Kontrolle über die Land-, Luft- und Seestreitkräfte des Inselstaates vor der südöstlichen Küste Afrikas übernommen. Zahlreiche Soldaten schlossen sich den seit Wochen vor allem für bessere Lebensbedingungen demonstrierenden jungen Menschen an. Das Präsidentenbüro hatte bereits am Wochenende von einem Putschversuch gesprochen.
Die zivile Regierung bleibe in ihrer derzeitigen Zusammensetzung bestehen, hiess es weiter. Ein Oberster Gerichtshof für Reformen werde eingerichtet. Innerhalb von zwei Jahren soll ein Referendum abgehalten werden. «Wir werden einen Premierminister ernennen, der rasch eine Zivilregierung bilden wird», hiess es.
Lage in Inselstaat spitzt sich weiter zu
Damit spitzt sich die Lage nach wochenlangen Protesten und Unruhen in dem Inselstaat weiter zu. Kurz vor der Ankündigung des Militärs hatten die Abgeordneten der Nationalversammlung von Madagaskar für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rajoelina gestimmt. Die Abgeordneten wollten die Gültigkeit der Abstimmung durch das Verfassungsgericht des Inselstaates feststellen lassen.
Rajoelina hatte wenige Stunden zuvor auf seinem X-Profil die Auflösung der Nationalversammlung des Inselstaates per Dekret erklärt. Dies sei zur Wiederherstellung der Ordnung in dem Inselstaat und der Stärkung der Demokratie nötig, schrieb er. Der stellvertretende Parlamentspräsident Siteny Randrianasoloniaiko zweifelte die Legalität der Parlamentsauflösung an.
Wo hält sich der Präsident auf?
Wo sich Rajoelina derzeit aufhält, ist unbekannt. Er hatte am Montagabend in einer live übertragenen Videoansprache angegeben, er habe sich an einen sicheren Ort begeben müssen, um sein Leben zu schützen. Man geht davon aus, dass er in Frankreich ist.
Einem Bericht des französischen Rundfunksenders RFI zufolge war Rajoelina bereits am Sonntag von einer französischen Militärmaschine ausgeflogen worden.