BLICK: Trump und Kim konnten sich beim Hanoi-Gipfel auf keine Vereinbarung einigen. Sind Sie überrascht?
Matthew Schmidt: Überhaupt nicht. Trump verhandelt, wie wenn es um einen Gebrauchtwagen geht. Er wird zurück in Washington erzählen, dass er versucht, Druck auf Kim auszuüben, indem er wegläuft. Doch dass er sich einfach vom Verhandlungstisch entfernt, ist in Tat und Wahrheit eine Schmach für die USA.
Aber das Angebot der Nordkoreaner war doch schlicht inakzeptabel. Hätte Trump der Aufhebung aller Sanktionen zugestimmt, wäre er von Ihnen ebenfalls kritisiert worden. Keine Einigung ist besser als ein schlechter Deal.
Klar wäre dieser Deal miserabel gewesen. Aber ein guter Verhandlungsführer, der Trump ja sein möchte, würde diese Position der Nordkoreaner erwarten und müsste bereit sein, eine Alternative aufzuzeigen.
Zum Beispiel?
Die USA hätte anbieten können, Lebensmittel nach Nordkorea zuzulassen, wenn im Austausch ein Atomkraftwerk zurückgebaut wird. Aber mit «Schmach» habe ich eigentlich etwas anderes gemeint. Lassen Sie uns doch übers Grundsätzliche diskutieren.
Also bitte.
Ein solches Gipfeltreffen dürfte niemals stattfinden. Schon alleine der Fakt, dass ein US-Präsident zu einem Treffen mit einem Diktator wie Kim Jong Un bereit ist, ist für ihn ein Sieg. Kim hat so die Gelegenheit, sich auf der Weltbühne zu präsentieren.
Befürworter des Gipfels sagen, dass es besser ist, wenn mit einem Autokraten wie Kim Jong Un Dialog geführt wird.
Kim ist ein Diktator, der jegliche Menschenrechte mit Füssen tritt. Er lässt sogar Familienmitglieder ermorden! Dass ein US-Präsident einen solchen Typen als «Freund» bezeichnet, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Ein Dialog ist tatsächlich wünschenswert, aber bitte nicht von einem Präsidenten, der nur an seiner Aussendarstellung interessiert ist. Trump schert sich nämlich einen Deut um das politische. Er ist in Hanoi weggelaufen, weil er so gegenüber seinen Anhängern den harten Dealmaker raushängen lassen kann.
Deuten Sie an, dass er bei diesem Treffen gar nicht an einer Einigung interessiert gewesen war?
Es würde mich zumindest nicht wundern, wenn Trump diesen Ausgang bereits im Vorfeld geplant hat. Es lässt ihn stark aussehen. Für Kim ist es unangenehm, weil er jetzt zuhause erklären muss, dass die Sanktionen weiterhin in Kraft bleiben. Kim ist sensibel. Es wird gefährlich.
Was meinen Sie damit?
Ich glaube, dass Kim wegen Trump wieder Raketen testen wird. Aus seiner Sicht muss er irgendwie auf dessen Provokation reagieren. Er liess ihn ja einfach stehen!
Sie zeichnen ein sehr düsteres Bild. Soll also alles wieder wie vorher werden, als Trump und Kim sich im Herbst 2017 gegenseitig mit Krieg drohten?
Wir müssen abwarten, wie Kim daheim den Gipfel verkauft. Vielleicht findet er einen Weg, die Schmach zu verringern. Aber ich vermute in der Tat, dass wir zu den Aggressionen zurückkehren werden, die wir schon zu Beginn von Trumps Präsidentschaft erlebt haben.
Eine grundsätzliche Frage zum Schluss: Denken Sie, Kim wird jemals seine Atomwaffen zerstören?
Nicht in naher Zukunft. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass wir 2040 ein denuklearisiertes Nordkorea sehen werden. Kim wird jedoch nur zu diesem Schritt bereit sein, wenn das Überleben seines Regimes garantiert ist. Das ist schwierig, aber nicht unmöglich.
Matthew Schmidt ist Politikwissenschaftler an der University of New Heaven. Er ist ein Aussenpolitik-Experte und hat sich auf die US-Beziehungen mit Nordkorea, Russland und der Ukraine spezialisiert. Schmidt ist Autor von vier Büchern und tritt in diversen US-amerikanischen Fernsehensender regelmässig auf. Auch BLICK diente er bereits mehrfach als Experte.
Matthew Schmidt ist Politikwissenschaftler an der University of New Heaven. Er ist ein Aussenpolitik-Experte und hat sich auf die US-Beziehungen mit Nordkorea, Russland und der Ukraine spezialisiert. Schmidt ist Autor von vier Büchern und tritt in diversen US-amerikanischen Fernsehensender regelmässig auf. Auch BLICK diente er bereits mehrfach als Experte.
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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