«Unzivilisiertes Verhalten»
China stellt Bürger im Pyjama an den Pranger

Die Behörden der chinesischen Stadt Suzhou betrachten das Tragen von Pyjamas in der Öffentlichkeit als unzivilisiert. Deshalb veröffentlichten sie Aufnahmen der Pyjama-Träger, die damit beschämt werden sollen.
Publiziert: 21.01.2020 um 20:17 Uhr
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Die chinesische Stadt Suzhou greift zu absurden Massnahmen.
Foto: Twitter
Leutrim Spahija

Die staatliche Überwachung in China ist eine Maschinerie, die weltweit ihresgleichen sucht. Zu den bestehenden 170 Millionen Überwachungskameras sollen bis Ende 2020 400 Millionen weitere kommen – und zwar ausgestattet mit künstlicher Intelligenz. So läuft die Überwachung quasi automatisch.

Damit soll das sogenannte Sozialkreditsystem installiert werden. Bürgern bekommen für «gutes Verhalten» Punkte – «schlechtes Verhalten» wird mit Punkteabzug bestraft. Und diese Bewertung wird veröffentlicht.

«Sie müssen sich schämen»

In der Stadt Suzhou nahm dies am Montag absurde Dimensionen an, wie «BBC» schreibt. Die städtische Behörde veröffentlichte Fotos von sieben Menschen, die in Pyjamas durch die Strassen gingen – inklusive Identität und anderen Informationen.

Damit wollte die Stadt aufzeigen, was «unzivilisiertes Verhalten» ist, und Leute, so den Pranger stellen. Sie sollen sich laut den Behörden «schämen».

Nationaler «Zivilisations-Wettbewerb»

Doch dies missfiel vielen Bürgern der Stadt – sie sprachen ihren Unmut im Netz aus. Viele finden, dass es nicht schlimm ist, im Schlafgewand herumzulaufen. Ausserdem würde der Staat die Privatsphäre der Bürger erheblich verletzen.

Die Stadt lenkt ein. Zumindest halbherzig. Denn die Behörden begründeten die Veröffentlichung der Bilder damit, dass die Stadt beim nationalen Wettbewerb für «zivilisierte Städte» teilnehme. Man hätte dem unzivilisierten Verhalten einen Riegel schieben wollen. «Aber es war falsch, die Privatsphäre der Bürger zu verletzen.» Die Bilder würden in Zukunft verpixelt.

Es ist offenbar nicht das erste Mal, dass die Stadt Suzhou «unzivilisiertes Verhalten» an den Pranger stellen wollte. Laut lokalen Meldungen hat die Stadt letztes Jahr die Bevölkerung dazu aufgerufen, Bilder von solchem Verhalten an die Behörden weiterzuleiten. Als Vergütung gab es umgerechnet 1.40 Franken pro Bild.

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