Undankbare deutsche Schneewanderer – Retter sind enttäuscht
«Ohne uns wären sie erfroren»

Tiroler Bergretter haben zwei deutsche Wanderer, die sich auf einer Schneewanderung verirrt hatten, vor dem Erfrieren bewahrt. Jetzt motzen die beiden über zu hohe Rettungskosten. Die Retter wehren sich: «Ohne uns hätten sie nicht überlebt.»
Publiziert: 08.05.2019 um 19:59 Uhr
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Reinhold Bilgeri ist enttäuscht: «Wir arbeiten ehrenamtlich als Bergretter, opfern dafür unsere Freizeit und setzen uns selber einem gewissen Risiko aus.»
Foto: zVg
Karin Frautschi

Zwei deutsche Touristen verirrten sich Anfang Februar auf einer Schneewanderung im österreichischen Tirol und alarmierten den Rettungsdienst. Weil gefährliche Wetterbedingungen herrschten, standen insgesamt 17 Personen der Bergrettung Tannheim im Einsatz (BLICK berichtete). Den Einsatz stellten sie mit 2261 Euro, rund 2580 Franken, in Rechnung. 

Statt dankbar zu sein, mit dem Leben davongekommen zu sein, flatterte von einem Anwalt eines Geretteten ein Schreiben bei der Bergrettung ein. Im Brief, der BLICK vorliegt, beklagt sich der Wanderer über zu hohe Rettungskosten. Ihrer Meinung nach hätten zwei Einsatzkräfte gereicht, um sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien! 

«Bewusst überhöhte Kosten» 

Wie kommt der Gerettete darauf? Der Anwalt schreibt zunächst, dass er es «bedauerlich» findet, «dass hier offensichtlich bewusst überhöhte Kosten für Einsätze bei Touristen angesetzt werden und die Gleichbehandlung mit der Abrechnung bei Einsätzen bei Nicht-Touristen nicht gewährleistet ist». 

Danach wird der Ton schärfer: «Im Hinblick auf Ihre Forderung fordere ich Sie daher zunächst auf, mir darzulegen, auf welcher rechtlichen Grundlage Sie abrechnen.» Und er will eine genaue Auflistung aller Kosten. «Zudem fordere ich Sie auf, die Position des Einsatzkostenbeitrags in Höhe von 2261 Euro exakt aufzuschlüsseln, damit der Unterzeichner diese Angaben mit seinen Aufzeichnungen zu Einsatzzeiten etc. abgleichen kann.»

Vorwürfe kommen unerwartet 

Reinhold Bilgeri von der Bergrettung Tannheim ist empört. Der Einsatz von 17 Leuten sei gerechtfertigt gewesen, wie er zu BLICK sagt. «Es war Nacht, und wir wussten nicht, wo sich die Wanderer genau befanden. Wir hatten zwar ihre Koordinaten, aber weil sie Angst hatten zu erfrieren, liefen sie orientierungslos weiter – obwohl wir ihnen sagten, dass sie sich nicht bewegen sollten!» Das betroffene Gebiet sei extrem weitläufig, mit vielen Gräben durchzogen, und zum Teil habe es auch Waldstücke. 

Dazu kam, dass die beiden deutschen Wanderer nur noch ein Handy mit 35 Prozent Akku-Leistung hatten – die sie benutzten, um mit der eingebauten Taschenlampe zu leuchten. Statt zu warten und auf telefonischen Befehl ihre Position mit dem Licht anzuzeigen. 

«Mich enttäuscht dieses Verhalten» 

Obwohl die Wanderer die Anweisungen ignorierten, glückte die Rettung dank der Suchtrupps. Und die deutschen Wanderer bedankten sich bei den Rettungskräften. Deshalb habe er im Nachhinein nicht mit diesen Vorwürfen gerechnet, sagt Bilgeri. «Wir arbeiten ehrenamtlich als Bergretter, opfern dafür unsere Freizeit und setzen uns selber einem gewissen Risiko aus. Deshalb enttäuscht mich dieses Verhalten sehr.» 

Derselben Meinung ist auch Hermann Spiegl, der Landesleiter von der Bergrettung Tirol. Gegenüber BLICK sagt er: «So etwas habe ich in meinen vierzig Dienstjahren noch nie erlebt. Ich habe kein Problem damit, dass die Leute manchmal leichtsinnig sind und in ihrer Euphorie die Grenzen überschreiten. Nach einer erfolgreichen Rettung rechnet man aber nicht mit solchen Vorwürfen.» Und er fügt an: «Ohne uns hätten die beiden Wanderer die Nacht nämlich nicht überlebt, sie wären erfroren.»

Die Bergretter werden weiterhin auf ihrer Forderung beharren. Falls die deutschen Wanderer die Rechnung nicht bezahlen, werden die Tiroler weitere rechtliche Schritte einleiten, sagt Spiegl.

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