Nach dem russischen Abzug rücken die Ukrainer weiter auf die Gebietshauptstadt Cherson im Süden ihres Landes vor – und mit ihnen ein ganz spezielles Siegessymbol: die Wassermelone. In sozialen Netzwerken kursierten am Wochenende Videos, die etwa einen ukrainischen Soldaten zeigen, der eine der grossen runden Früchte in der Hand hält und von einer Menschenmenge euphorisch bejubelt wird. Vielfach geteilt wurde auch ein Foto, das eine ukrainische Flagge auf einer gigantischen Melonen-Statue zeigt.
Hintergrund ist folgender: Die Region Cherson mit ihren warmen Sommern ist bekannt für besonders köstliche Wassermelonen. Dass das beliebte Obst in der vergangenen Saison in die Hände der russischen Besatzer fiel, schmerzte die Ukrainer auch finanziell, denn die Früchte sind ein wichtiges Handelsprodukt.
Wassermelone als Sieg über die russischen Besatzer
Nach erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensiven gaben die russischen Truppen in der vergangenen Woche alle Orte nordwestlich des Flusses Dnipro auf. Zwar haben die Russen damit noch immer die Kontrolle über einen Grossteil Chersons, der auf der anderen Flussseite liegt. Doch der Sieg über die gleichnamige Gebietshauptstadt steht für die Ukrainer symbolisch für die Rückeroberung der gesamten Region – und damit auch der Melonen-Felder.
Selbst hochrangige Politiker wie der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, versehen ihre Mitteilungen über Cherson in diesen Tagen mit Melonen-Emojis. Mehrere ukrainische Unternehmen integrierten die Melone zudem kurzerhand in ihr Firmenlogo. Und die ukrainische Post kündigte anlässlich des Siegs in Cherson den Druck einer Sonder-Briefmarke an – mit, na klar, einem Wassermelonen-Stück als Motiv.
Sekt in Kiews Strassen – Blumen für die Soldaten
Blumen für die Soldaten vor Ort und Sekt in Kiew – die gesamte Ukraine feiert die Befreiung von Cherson. «Meine Stadt, wo ich geboren bin und mein gesamtes Leben verbracht habe, ist endlich frei», sagt die 17-jährige Nastia Stepenska zu der Nachrichtenagentur AFP mit Tränen in den Augen in Kiew. Sie werde in ihre Heimatregion zurückgehen, sobald «es möglich und sicher ist».
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) erklärte seinerseits am Freitagabend, Cherson gehöre wieder «unserem Volk». Russland hatte zuvor den vollständigen Rückzug seiner Truppen aus der Hauptstadt der gleichnamigen Region im Süden der Ukraine verkündet. Damit endeten knapp neun Monate russischer Besatzung. (SDA/AFP/chs)