Türkischer Präsident in Washington
Der irre US-Auftritt von Sultan Erdogan

Er lässt Propaganda über riesige Bildschirme flimmern und geht gegen Demonstranten und Journalisten vor: Das Auftreten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in den USA irritiert.
Publiziert: 01.04.2016 um 15:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:05 Uhr
Oliver Baumann

Immer Ärger mit Erdogan! Der türkische Präsident setzt in seiner Heimat Journalisten unter Druck. Er geht unerbittlich gegen die Opposition vor. Und er ist sich auch nicht zu blöd, den deutschen Botschafter zu sich zu zitieren, wenn ihm ein Satire-Beitrag im deutschen Fernsehen nicht passt.

Nun weilt Sultan Erdogan am Nuklear-Gipfel in Washington – und lässt auch dort jeden an seinen Allmachtsphantasien und an seinem Grössenwahn teilhaben. 

Propaganda auf Lastwagen

Erdogans Anwesenhheit in Washington ist unübersehbar. Besonders bizarr: Offenbar hat die Entourage des Türken mit riesigen Monitoren ausgerüstete Trucks angemietet, um Erdogans Weltsicht zu verbreiten. 

Auf Twitter veröffentlichte Bilder und Videos zeigen, wie die Lastwagen durch die US-Hauptstadt kurven – und Propaganda-Botschaften wie «Wahrheit + Friede = Erdogan» und «Danke Erdogan für den Schutz der syrischen Flüchtlinge» über die Bildschirme flimmern. 

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In einer weiteren Botschaft werden die USA sogar aufgefordert, den seit 1999 in Pennsylvania lebenden Erdogan-Erzrivalen Fehtulla Gülen an die Türkei auszuliefern. 

Leibwächter gehen auf Journalisten los

Erdogan fühlt sich in den Staaten offensichtlich wie zu Hause: Während er in einer Rede im Brookings-Institut erklärte, dass es in der Türkei sehr wohl eine Recht auf freie Meinungsäusserung gebe, liess er draussen vor dem Gebäude seine Leibwächter auf pro-kurdische Demonstranten los, die gegen seinen Auftritt protestierten.

Erdogan bei seiner Rede im Brookings-Institut.
Foto: Reuters

Die Sicherheitskräfte attackierten auch Journalisten, die die Auseinandersetzungen dokumentieren wollten. Ein Bodyguard Erdogans trat Berichten zufolge nach einem US-Kameramann, ein anderer bezeichnete eine Frau als «PKK-Hure». Schliesslich mussten US-Polizisten die Kontrahenten trennen. 

Streit zwischen einem pro-kurdischen Demontranten und einem türkischen Sicherheitsmann vor dem Brookings-Institut.
Foto: Reuters

US-Journalistenverbände zeigten sich alarmiert. «Der türkische Präsident und sein Sicherheitspersonal sind Gäste in den USA», erklärte der Präsident des «National Press Club», Thomas Burr. Sie hätten kein Recht, gegen Journalisten oder Demonstranten vorzugehen.

Obama trifft Erdogan

Doch so untragbar das Verhalten Erdogans auch ist – die Weltgemeinschaft hofiert in gerne, weil ohne die Türkei weder eine Lösung der Flüchtlingskrise noch des Syrien-Konflikts denkbar ist. 

Das musste sich offenbar auch der mächtigste Mann der Welt, US-Präsident Barack Obama, eingestehen. 

Obama beim Gespräch mit Erdogan, das zunächst gar nicht hätte stattfinden sollen.
Foto: Dukas

Hiess es zunächst noch, Obama werde Erdogan während seines Aufenthaltes in den USA kein persönliches Gespräch gewähren, kam es gestern doch noch zu einem Treffen der beiden Staatsoberhäupter. 

Obama habe Erdogan dabei die Unterstützung der USA im Kampf gegen Terror versichert und mit ihm darüber gesprochen, wie der Kampf gegen den IS vorangebracht werden könne, teilte das Weisse Haus mit. 

Erdogans unrühmliches Auftreten in Washington war hingegen wohl kein Thema.

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