Darum gehts
- Ungewöhnlicher Reisebeginn: Trump besucht als erster Auslandsstopp den Nahen Osten statt westliche Partnerländer.
- Neuer Umgang mit der Region: Er behandelt die arabische Welt als gleichwertigen Partner – wirtschaftlich wie politisch.
- Milliardenschwere Deals: Es entstehen Rüstungs-, Technologie- und Investitionsabkommen in historischem Ausmass.
Amerikanische Präsidenten besuchen bei ihrer ersten Auslandsreise meist Kanada, Mexiko oder Grossbritannien. Nicht so Donald Trump. Der 78-Jährige flog nach Arabien, reiste diese Woche in die saudische Hauptstadt Riad, weiter nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate.
Es war ein Wüstentrip von geopolitischer Sprengkraft. Trump brach mit jahrzehntelanger westlicher Überheblichkeit. Er begegnete dem arabischen Raum als dem, was er heute ist: ein aufstrebendes wirtschaftliches und politisches Machtzentrum. Und er knüpfte dort an, wo er in seiner ersten Amtszeit aufgehört hatte – beim Ziel eines dauerhaften Friedens zwischen muslimischen Staaten und dem jüdischen Israel.
Sein Leitsatz: «Kommerz statt Chaos.»
Die Saudis empfingen ihn mit symbolischem Pomp und rollten einen lavendelfarbenen Teppich aus. Reiter auf weissen und braunen Pferden begleiteten seine Limousine. Trump selbst trug eine lavendelfarbene Krawatte. Die blühende Wüstenblume gilt in Saudi-Arabien als Zeichen für Grosszügigkeit und Hoffnung.
Geld verdienen statt Krieg führen
Trump kam sofort zur Sache und machte klar, worum es ihm bei dieser Reise ging: grosse Geschäfte – und mehr als ein bisschen Frieden. Mit Saudi-Arabien schloss er den grössten Rüstungsvertrag der US-Geschichte ab und sicherte den Vereinigten Staaten saudische Investitionen im Umfang von 600 Milliarden Dollar.
In den Tagen darauf verkündeten Amerikaner und Araber Abkommen in Höhe von mehreren Billionen Dollar. «Lasst uns Geld verdienen, nicht Kriege führen», sagte Trump in Riad.
Gleichzeitig warnte er jenes Land, das aus seiner Sicht den Frieden im Nahen Osten nach wie vor untergräbt: den Iran, der Terrorgruppen wie Hamas, Hisbollah oder die Huthi finanziert. «Wer uns oder unsere Verbündeten angreift, wird keine Gnade erhalten.» Die USA würden das «Iran-Problem» lösen, machte Trump klar. «Nett oder nicht nett. Wenn es nicht nett ist, wird es nicht gut für sie sein.»
Schliesslich lud er weitere arabische Staaten ein, dem Abraham-Abkommen beizutreten – der diplomatischen Annäherung zwischen Israel und muslimischen Ländern. Dafür besuchte er das Abrahamic Family House in Abu Dhabi, wo Moschee, Synagoge und Kirche unter einem Dach vereint sind.
Trump brachte geballte wirtschaftliche Macht ins Morgenland. US-Tech-Giganten wie Tesla, OpenAI und Nvidia investieren in Solar- und Verkehrstechnologie, KI-Infrastruktur und Hochleistungschips. In den Vereinigten Arabischen Emiraten entsteht das grösste Datenzentrum ausserhalb der USA.
Petaflops ersetzen Petrodollars
Was sich derzeit auf der Arabischen Halbinsel vollzieht, hat globale Tragweite. Wo vor 70 Jahren mehrheitlich Beduinenzelte standen, sind moderne Gesellschaften entstanden. Die Region strebt wirtschaftlich zur Weltspitze. Solarfelder versorgen Serverfarmen. Hightechfirmen ersetzen Ölplattformen. Raumfähren sollen bald vom Wüstensand starten.
Rechenleistung statt Rohstoff: Petaflops verdrängen Petrodollars. Und das arabische Geld fliesst zurück in die USA. Laut Trump entstehen dank dieser Investitionen Millionen amerikanischer Arbeitsplätze.
Es ist ein weiter Weg, den die USA gegangen sind. Das Verhältnis zwischen Amerika und der Region war geprägt von Erdöl, strategischer Zusammenarbeit – und berechtigtem Misstrauen. Waren es doch fast ausschliesslich saudi-arabische Terroristen, die am 11. September 2001 die USA attackierten. Jahrzehntelang griff der saudische Terrorfürst Osama bin Laden (1957–2011) weltweit amerikanische Ziele an. Die USA führten mehrere Kriege in der arabischen Welt. Zweimal – 1991 und 2003 – griffen sie den Irak an.
Trump bricht mit dieser US-Aussenpolitik. Statt die arabische Welt zu belehren und ihre Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen, respektiert er sie – und macht Geschäfte. Nannte sein Vorgänger Joe Biden (82) den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (39) noch einen «Paria», begegnet ihm Trump als «einem Mann, den ich sehr mag».
Während dreier arabischer Nächte in Riad, Doha und Abu Dhabi lobte Trump den Wandel in der Region – und rechnete mit den amerikanischen Weltpolizisten um Ex-Präsident George W. Bush (78) ab. Sie glaubten, sie müssten die arabische Welt mit Bomben und Panzern demokratisieren – und scheiterten.
«Der Wandel wurde nicht von westlichen Interventionisten geschaffen, nicht von Menschen, die in schönen Flugzeugen einfliegen und euch erzählen, wie ihr leben sollt», betonte Trump. «Die Menschen, die hier leben, haben ihre souveränen Staaten nach ihrer eigenen Vision aufgebaut.»
Er versteht, wie wichtig Traditionen in arabischen Ländern sind: «Frieden, Wohlstand und Fortschritt kamen nicht durch Ablehnung eures Erbes, sondern durch das bewusste Bekenntnis zu ihm», sagt Trump. Wie es sich gehört, zog er vor der Moschee in Abu Dhabi die Schuhe aus und betrat den prunkvollen Bau in Socken.
Gesellschaftliche Reformen
In Mohammed bin Salman hat Trump einen Partner gefunden, der mit futuristischen Bauprojekten wie Neom oder der Fussball-WM 2034 Saudi-Arabien modernisiert. Seit dem abscheulichen Mord am Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 in der saudischen Botschaft in Istanbul scheint der Kronprinz zu erkennen: Mit solchen Gräueltaten kann er nicht Teil der modernen Welt werden. Stattdessen treibt bin Salman gesellschaftliche Reformen voran – langsam zwar, aber stetig.
Trump erkennt diese Entwicklung an – und bietet Unterstützung. Auch Syrien will er neu denken. In Riad traf er sich mit dem syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa (42) und kündigte an, die US-Sanktionen aufheben zu wollen. Das Assad-Regime habe das Land jahrzehntelang ausgebeutet. Nun gehe es darum, das syrische Volk zu befreien – nicht mit Bomben, sondern mit Perspektiven.
Trumps Nahostpolitik ist pragmatisch, wirtschaftsorientiert und frei von moralischem Überlegenheitsdenken. Er will den Blick auf die Region verschieben: weg vom Mittelmeer, hin zum Persischen Golf; weg von Krisenherden wie Beirut, Ramallah oder Gaza – hin zu den glitzernden Metropolen Riad, Maskat und Dubai. Und doch sagte er hungernden Menschen in Gaze Hilfe zu.
Wer hinschaut, sieht Beachtliches: Nach Trumps Rede in Riad erklang sein Lieblingslied «YMCA» von den Village People – eine Schwulenhymne, die in Saudi-Arabien für alle hörbar war.