Trump gegen Obama
Wer hat recht im Twitter-Zoff um den US-Wirtschaftsboom?

Sowohl Barack Obama als auch Donald Trump beanspruchen den Erfolg der US-Wirtschaft für sich. Wer hat recht? BLICK macht den Faktencheck.
Publiziert: 19.02.2020 um 18:13 Uhr
|
Aktualisiert: 19.02.2020 um 22:10 Uhr
1/10
Zwei politische Schwergewichte streiten über die US-Wirtschaft.
Foto: Getty Images
Fabienne Kinzelmann

Wäre es ein Boxkampf, es wäre der Fight des Jahres. Donald Trump (73) gegen Barack Obama (58). Aktueller Präsident gegen Ex-Präsident.

Aber der Reihe nach.

Was ist eigentlich passiert?

Zwei politische Schwergewichte zoffen sich auf Twitter: Barack Obama feierte sich am Montag in einem Tweet – und wird kurze Zeit später von seinem Amtsnachfolger Donald Trump scharf angegangen.

Es geht um die Lage der US-Wirtschaft. Die ist gerade sehr gut. Das Problem: Beide politischen Schwergewichte beanspruchen den Erfolg für sich.

Obama will die Wirtschaft angekurbelt haben

Zum elften Jahrestag eines 800-Milliarden-schweren Konjunkturprogramms erinnert Ex-Präsident Obama (2008-2016) an seine Leistung, die Wirtschaft anzukurbeln. «Ich habe den Recovery Act unterschrieben und damit den Weg für mehr als ein Jahrzehnt des Wirtschaftswachstums und die längste Serie der Schaffung von Arbeitsplätzen in der amerikanischen Geschichte geebnet», twitterte er am Dienstag.

Trump schäumte. Schliesslich ist der Unternehmer im Wahlkampf 2016 mit starken Versprechen für die US-Wirtschaft angetreten, wollte Amerika wieder «great» machen – und schreibt sich selbst den Erfolg für «die beste Wirtschaft aller Zeiten» und neue Arbeitsplätze auf die Fahne.

Trump hält den Wirtschaftsboom für seinen Erfolg

«Haben Sie vom letzten Betrug gehört?», fragt er seine Follower. Obama versuche, «die Lorbeeren für den unter der Trump-Administration stattfindenden Wirtschaftsboom zu ernten». Weiter behauptet er, unter Obama habe sich die Wirtschaft trotz tatkräftiger Unterstützung der US-Nationalbank Fed am «schwächsten seit der Grossen Depression» entwickelt.

Unter ihm, Trump, wiederum gäbe es die meisten Arbeitsplätze, den Wiederaufbau des «runtergewirtschafteten» Militärs, ein Ende der Nullzinspolitik der US-Nationalbank Fed, Steuersenkungen und De-Regulierungen. Das Selbstlob krönt der Republikaner mit der Behauptung: «Wenn die Demokraten 2016 gewonnen hätten, hätten wir wirtschaftlich und militärisch jetzt echte Probleme.»

Wer hat recht? BLICK macht den Faktencheck.

1. Ist die US-Wirtschaft wirklich die beste aller Zeiten?

«Im Moment geht es der US-Wirtschaft sehr gut, aber das ist nicht Trumps Verdienst», sagt der Schweizer Wirtschaftsprofessor Alfred Mettler, der in Miami (Florida) lehrt, zu BLICK. «Obama hat seinerzeit von Bush eine absolut desolate Situation geerbt und kann mit Recht sagen, dass er die Wirtschaft wieder aufgerichtet hat. Und zwar zusammen mit seiner Administration und dem Kongress.»

Fakt ist: Der US-Wirtschaft geht es mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,3 Prozent (2019) gut – allerdings nicht so gut wie zum Beispiel im zweiten Quartal 2014 unter Obama (5,5 Prozent). Noch besser war es mit mehr als 4 Prozent in den Neunzigern und sogar fast 9 Prozent in den 50ern.

Die Einschätzung von Wirtschaftsexperte Mettler: «Trump hat eine gut laufende Wirtschaft übernommen und konnte vieles einfach ‹ernten›.» Punkt für Obama.

Obama – Trump 1:0

2. Hat Trump die niedrigsten Arbeitslosenzahlen?

Die Arbeitslosenquote ist unter Trump auf 3,5 Prozent gefallen. Der Aufwärtstrend – auch für Gehälter – begann aber schon mit Obama. Der Rekord für die niedrigste Arbeitslosenquote liegt zudem bei 2,5 Prozent (1953).

Dazu kommt: Trump hat in seinen drei Amtsjahren nur 5,85 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, Obama in seinen letzten drei 6,91 Millionen. Punkt für Obama.

Obama – Trump 2:0

3. Stimmt es, dass sich die US-Wirtschaft unter Obama so langsam wie noch nie erholt hat?

Ja. Unter Obama wuchs die Wirtschaft nach der Krise 2008 im Schnitt nur um 2 Prozent im Jahr – das ist weit entfernt von den alten, traumhaften Wachstumsraten von mehr als 4 Prozent.

Allerdings: Auch unter Trump gehts kaum schneller voran. In den letzten drei Obama-Jahren (2,4 Prozent) verglichen mit den ersten drei Trump-Jahren (2,5 Prozent) unterschied sich das Wirtschaftswachstum nur um schmale 0,1 Prozent. Unentschieden.

Obama – Trump 3:1

4. Haben Trumps Steuersenkungen die Wirtschaft angekurbelt?

Der «Tax Cut and Jobs Act» war 2017 eins von Trumps ersten erfolgreichen Vorhaben. Das Gesetz spart vor allem Unternehmen und Reichen kräftig Steuern. Das Geld sollte über das Wirtschaftswachstum wieder in die Staatskasse gespült werden.

Das hat allerdings nicht geklappt. Das US-Wirtschaftswachstum ist hinter Trumps Versprechen von mindestens 3 Prozent zurückgeblieben – und durch die Steuersenkungen auch nicht gewachsen. Punkt für Obama.

Obama – Trump 4:1

5. Spielt die US-Nationalbank Fed eine Rolle?

Die Fed hat im Zuge der Finanzkrise 2008 mit ihrer Nullzinspolitik und einer expansiven Geldpolitik kräftig geholfen, die Wirtschaft anzukurbeln. Erst ab 2015 hob die Nationalbank die Zinsen wieder an – bis vergangenen Juli. Seither hat sie die Zinsen schon dreimal gesenkt. Aktuell liegen sie bei 1,55 Prozent. Unentschieden.

Obama – Trump 5:2

6. Stimmts, dass Obama das Militär runtergewirtschaftet hat?

Die Behauptung von Trump ist irreführend, schreibt «CNN». In seinen drei Amtsjahren hat Trump die Militärausgaben zwar jedes Jahr erhöht, gesamthaft ist es aber die gleiche Summe wie in Obamas ersten drei Amtsjahren.

Der Grund, warum Obama das Militärbudget später kürzen musste: Der von Trumps Republikanern unterstützte «Budget Control Act» (2011). Unentschieden.

Obama – Trump 6:3

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?