Trotz massiver Kritik
EU-Kommission stuft Atomkraft und Gas als nachhaltig ein

Die EU-Kommission hat Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke als klimafreundlich eingestuft. Allerdings nur unter bestimmten Auflagen.
Publiziert: 02.02.2022 um 12:58 Uhr
|
Aktualisiert: 02.02.2022 um 17:51 Uhr
Die EU-Kommission hat Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke als klimafreundlich eingestuft. Auf dem Bild ist das AKW Gösgen AG zu sehen.
Foto: Keystone

Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke sollen in der Europäischen Union unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich gelten. Trotz massiver Kritik nahm die Europäische Kommission am Mittwoch einen entsprechenden Rechtsakt an.

Er bleibt sogar noch hinter einem ursprünglichen Entwurf zurück und lockert die Auflagen für Gaskraftwerke. Besonders Deutschland hatte darauf gepocht, die Kriterien für Gas flexibler zu gestalten.

Bis 2030 nachhaltig

Hintergrund der Einstufung von bestimmten Gas- und Atomprojekten als nachhaltig ist die sogenannte Taxonomie der EU. Sie soll Bürger und Anleger dazu bringen, in klimafreundliche Technologien zu investieren, um die Klimaziele der EU zu erreichen.

Der nun angenommene Rechtsakt sieht vor, dass Investitionen in neue Gaskraftwerke bis 2030 als nachhaltig gelten, wenn sie unter anderem schmutzigere Kraftwerke ersetzen und bis 2035 komplett mit klimafreundlicheren Gasen wie Wasserstoff betrieben werden. Im ursprünglichen Entwurf war die Beimischung von klimafreundlichen Gasen schon ab 2026 vorgeschrieben.

Viele Länder sind dagegen

Das bedeutet, dass Gaskraftwerke nun unter Umständen länger höhere Anteile an verschmutzendem Erdgas nutzen können. Neue Atomkraftwerke sollen bis 2045 als nachhaltig klassifiziert werden, wenn ein konkreter Plan für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ab spätestens 2050 vorliegt.

Die Pläne der Kommission wurden bereits im Vorfeld stark kritisiert. Österreich und Luxemburg haben angekündigt, dagegen zu klagen. Auch Spanien, Dänemark, die Niederlande und Schweden lehnen eine nachhaltige Einstufung von Gas ab, hiess es Anfang der Woche in einem Brief an die Kommission.

EU-Abgeordnete, Umweltschützer und Wissenschaftler haben immer wieder auf die klimaschädlichen CO2-Emissionen von Gas und die ungelösten Frage des radioaktiven Abfalls bei der Kernkraft hingewiesen. Auch grosse Anleger wie die Europäische Investmentbank und die Investorengruppe IIGCC äusserten sich kritisch.

Nachdem die Kommission den Vorschlag offiziell angenommen hat, kann er nur noch durch eine Mehrheit im EU-Parlament oder mindestens 20 EU-Länder abgelehnt werden, ansonsten tritt er automatisch in Kraft. Eine Ablehnung gilt bislang als unwahrscheinlich. (SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?