Donald Trump (73) gegen Nancy Pelosi (79) – oder wenn der mächtigste Republikaner auf die mächtigste Demokratin des Landes trifft. So geschehen am Mittwochnachmittag in Washington. Aber nicht für lange.
Dass die beiden nicht beste Freunde sind, ist seit jeher klar. Doch spätestens seit Pelosi im September ein offizielles Impeachment-Verfahren gegen den Präsidenten einleitete, hat es Trump ganz besonders auf die Top-Demokratin abgesehen. Vergangene Woche sagte er während einer seiner Wahlkampfauftritte: «Nancy Pelosi hasst uns. Sie hasst die Vereinigten Staaten von Amerika!»
Doch am Mittwoch in Washington hätten politische Überlegungen für einmal keine Rolle spielen sollen. Die Republikaner und die Demokraten trafen sich im Weissen Haus zu einer Art Krisensitzung. Thema: die Syrien-Politik der USA.
Hintergrund des Treffens: Die türkische Offensive in Nordsyrien gegen Amerikas ehemaligen Verbündeten, die Kurden. Dieser Krieg gibt beiden politischen Lagern zu denken. Auch Trump, der Anfang Oktober für den türkischen Präsidenten Erdogan und seine Streitkräfte den Weg frei machte, indem er den Rückzug der US-Soldaten befahl. Mittlerweile hat der US-Präsident harte Sanktionen gegen die Türkei erlassen.
Pelosi deutet nervlichen Zusammenbruch von Trump an
Nun stellt sich in Washington die Frage: Wie weiter? Und genau darüber wollte sich die demokratische Delegation um Nancy Pelosi mit den Republikanern um Donald Trump unterhalten. Doch der Präsident führte offenbar anderes im Schilde.
Was nach dem Treffen beide Seiten bestätigten: Trump hatte Pelosi attackiert, sie vor sämtlichen Anwesenden als «drittklassige Politikerin» beschimpft, worauf die Demokratin die Sitzung verliess.
Ansonsten unterscheiden sich die Geschichten der Demokraten und Republikanern. Pelosi sagte zu wartenden Reportern vor dem Weissen Haus, dass der Präsident eine «üble Tirade» losgelassen habe. Sie beschrieb es als einen «Ausraster», deutete einen nervlichen Zusammenbruch des Präsidenten an. «Ich bete stets für die Sicherheit des Präsidenten. Doch nun bete ich auch für seine geistige Gesundheit.»
Darum kam es zum Sitzungs-Eklat
Zum endgültigen Eklat am Sitzungstisch im Weissen Haus führte offenbar einmal mehr das Verhältnis zwischen Donald Trump zur russischen Regierung. Die Demokratin Pelosi wirft Trump vor, mit dem Rückzug aus Syrien nicht nur den Kurden in den Rücken zu fallen, sondern auch Russland in die Karten zu spielen: «Seit langem wartet Russland darauf, im Nahen Osten entscheidend an Einfluss gewinnen zu können. Genau das haben die USA nun zugelassen.» Pelosi sagte: ««Alle Ihre Wege führen zu Putin! (All roads with you lead to Putin).» Wie schon im Ukraine-Konflikt. «Das macht mir grosse Sorgen», so Pelosi weiter.
Anders die Republikaner: Kevin McCarthy (54), Sprecher der Partei im Repräsentantenhaus, sagte nach dem Treffen: «Leider versucht Pelosi, alles zu politisieren. Ihre eigenen Aussagen im Weissen Haus waren nicht produktiv.» Er fügte an, dass es kein guter Stil ist, einfach so aus einer wichtigen Sitzung zu stürmen. «Das war auch nicht das erste Mal», so McCarthy.
Und Trump? Er veröffentlichte mehrere Fotos der Sitzung auf Twitter und schrieb: «Nancy Pelosi braucht schnell Hilfe! Entweder stimmt etwas nicht mit ihr im Gehirn, oder sie mag unser grossartiges Land einfach nicht. Sie hatte heute einen totalen Zusammenbruch im Weissen Haus. Es war sehr traurig, zuzusehen. Betet für sie, sie ist ein sehr kranker Mensch!»
Ein klassisches Eigentor. Viele Amerikaner bejubeln Pelosi nun. Denn das Bild zeigt sie als einzige Frau, die es wagt gegen den Präsidenten aufzustehen. Flugs machte Pelosi das Ikonen-Foto zu ihrem Twitter-Titelbild.
Repräsentantenhaus: Trumps Truppenabzug ein Fehler
Kurz vor dem Treffen im Weissen Haus hatte das Repräsentantenhaus in einer parteiübergreifenden Resolution den US-Truppenabzug als Fehler gegeisselt. Die Kongresskammer lehne die Entscheidung ab, «bestimmte Anstrengungen der Vereinigten Staaten zu beenden, türkische Militäroperationen gegen syrisch-kurdische Kräfte in Nordostsyrien zu verhindern», hiess es in der mit 354 gegen 60 Stimmen verabschiedeten Entschliessung. Diese hat allerdings lediglich den Charakter einer Stellungnahme und für Trump keine verbindliche Wirkung.
Doch laut den Demokraten hatte eben diese Resolution den Präsidenten so in Rage gebracht.
Der Eklat vom Mittwoch zeigt, wie dramatisch sich das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Opposition zuletzt weiter verschlechtert hat. Hintergrund ist die von den Demokraten im Repräsentantenhaus geführte Untersuchung im laufenden Impeachment-Verfahren gegen Trump. Darin geht es um die Versuche Trumps, sich aus der Ukraine möglicherweise kompromittierendes Material über Ex-Vizepräsident Joe Biden zu beschaffen, der Trumps Herausforderer bei der Wahl im November 2020 werden könnte.
Impeachment-Verfahren
Seit 2011 tobt der syrische Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und verschiedenen Rebellen-Gruppen. Dort engagieren sich auch ausländische Mächte, allen voran Russland und die USA oder die Türkei.
Seit 2011 tobt der syrische Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und verschiedenen Rebellen-Gruppen. Dort engagieren sich auch ausländische Mächte, allen voran Russland und die USA oder die Türkei.