Barcelonas Einwohner mögen keine Touristen. Seit Mitte Oktober ist es etwa Kreuzfahrtschiffen verboten, im Hafen der spanischen Grossstadt anzulegen.
Um die Einheimischen wieder zu mehr Gastfreundlichkeit zu motivieren, hat sich die Stadt eine neue Strategie ausgedacht. Mit dem «Pla Clima Escola Barcelona», was übersetzt so viel wie «Klimaplan für Barcelonas Schulen» bedeutet, will man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: den Klimawandel und die Abneigung der Bevölkerung gegen Gäste aus anderen Ländern.
Künftig sollen 100 Millionen Euro, umgerechnet rund 95 Millionen Franken, aus der Tourismussteuer in saubere Energieanlagen investiert werden. Die Abgabe, die von Reisenden über die Hotelrechnung verrichtet wird, soll in einen Fonds fliessen, aus dem dann Wärmepumpen und Solaranlagen für staatliche Schulen finanziert werden.
Noch beträgt die Kurtaxe 2.75 Euro pro Nacht. Ab April steigt sie auf 3.25 Euro pro Übernachtung. Bisher waren die Gelder für Reinigungsdienste, Sicherheit und ÖV vorgesehen. «Dieses Jahr haben wir beschlossen, einen Schritt weiterzugehen und die Steuer für die Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen unter dem Gesichtspunkt des Kilmaschutzes zu verwenden», erläutert Jordi Valls, Leiter der Wirtschafts- und Tourismusförderung in Barcelona, gegenüber Bloomberg.
Die globale Erwärmung macht Barcelona immer mehr zu schaffen. Hohe Temperaturen und immer längere Hitzeperioden stellen auch für Barcelonas Schulkinder eine Belastung dar. Die Stadt hat es sich nun zum Ziel gesetzt, bis 2029 in 170 Schulen mit Solarenergie betriebene Klimaanlagen zu installieren. 181'000 Quadratmeter Solarzellen sollen auf den Schuldächern angebracht werden. Man geht davon aus, dass die neuen Anlagen mehr Strom erzeugen, als die Schulen verbrauchen werden. So können auch Nachbarn und andere öffentliche Gebäude in der Nähe davon profitieren.
Stadtwerbung nicht notwendig
Zudem sollen umweltfreundliche Wärmepumpen alte Gaskessel ersetzen. «Das Schulprojekt verbessert die Bildung als öffentliche Dienstleistung erheblich und reduziert gleichzeitig die Kohlendioxidemissionen», betont Valls.
Nicht alle sind mit dem Plan einverstanden. Janet Sanz, Mitglied des Stadtrats und Vizepräsidentin für Klimaschutz in der Metropolregion Barcelona, findet, das Geld wäre besser in neuen Radwegen und den Ausbau der Grünflächen angelegt. Und: Noch immer fliesse ein beträchtlicher Teil der Touristengelder in Stadtwerbung auf Tourismusmessen und -events.
«Es besteht keine Notwendigkeit, für eine so bekannte Stadt zu werben», ist Sanz überzeugt. Alle wollten das «Barcelona-Erlebnis» spüren.
Ob die 1,6 Millionen Einwohner Barcelonas wieder gastfreundlicher werden, wenn ihre Kinder in dem Klimawandel angepasste Schulen gehen, bleibt abzuwarten. Bei der Tourismusförderung erhofft man sich, zu einem Vorbild für andere europäische Städte zu werden, die ebenfalls vor durch Klimawandel und Tourismusboom verursachten Herausforderungen stehen. (nad)