Das Eingeständnis von Saudi-Arabien, dass Journalist und Regierungskritiker Jamal Khashoggi (†59) im saudischen Konsulat in Istanbul getötet wurde, hat zu Beginn des Wochenendes hohe Wellen geschlagen. Die neuste Version der Saudis, die einen ausgearteten «Faustkampf» als Grund für dessen Ableben vorschiebt, hat US-Präsident Donald Trump (72) in einer ersten Stellungnahme am Freitagabend als «glaubwürdig» bezeichnet. Zu möglichen Konsequenzen wollte sich Trump nicht konkret äussern. Er liess aber durchblicken, dass der milliardenschwere Waffendeal mit den Saudis nicht zur Diskussion stehe.
Doch der Druck auf den US-Präsidenten nimmt zu. Denn kaum jemand in den USA kauft den Saudis die Story ab, dass eine 15-köpfige Delegation Khashoggi lediglich befragen wollte, bevor es zur Auseinandersetzung kam. Sogar Trumps Parteifreunde nennen die Saudi-Version eine «Lüge» und fordern drastische Massnahmen. Der republikanische Senator Rand Paul will einen vorläufigen Stopp der Waffenexporte in den Golf-Staat, bis die Ermordung Khashoggis restlos aufgeklärt ist.
Trump zieht Sanktionen in Betracht
Donald Trump buchstabierte wohl auch deshalb etwas zurück, als er am Samstag bei einer Veranstaltung im Bundesstaat Nevada mit seinen Äusserungen vom Vortag konfrontiert wurde. «Nein, ich bin nicht zufrieden, bis wir die Antwort haben», sagte Trump. Es seien noch zu viele Fragen offen. Die Version der Saudis wollte er nicht mehr als «glaubwürdig» bezeichnen, wiederholte aber: «Es war ein grosser Schritt».
Erstmals seit der neuen Wende im Fall Khashoggi äusserte er sich zu Konsequenzen. Er ziehe Sanktionen in Betracht, aber nicht bei militärischen Verkäufen. Trump fügte hinzu, dass es «doch möglich sei», dass Kronprinz Mohammed bin Salman (kurz: MBS) nichts von dem Mord wusste.
Gegenüber BLICK sagten am Freitagabend zwei Saudi-Experten jedoch, es sei «undenkbar», dass Kronprinz bin Salman keine Kenntnis von der der Tötung Khashoggis hatte. «Klar hat er davon gewusst. Da habe ich keine Zweifel», sagte Autor Thomas Lippman, der sich auf die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den USA spezialisiert hat.
MBS sitzt fest im Sattel
In Saudi-Arabien derweil scheint alles beim Alten zu bleiben. Der König hat am Samstag ein starkes Signal ausgesendet, dass MBS trotz der grausamen Ermordung Khashoggis weiterhin fest im Sattel sitzt. König Salman gab seinem handverlesenen Erben neue Befugnisse über die Geheimdienste des Landes, wie das «Wall Street Journal» berichtet. Ausserdem entlastete der saudische Generalstaatsanwalt den Kronprinzen offiziell, indem er die Version des «Faustkampfes» wiederholte.
Die Menschen im Lager des Kronprinzen sagen, dass seine innere Macht weitgehend ungehindert bleibt. Und es gebe «keine Anzeichen» dafür, dass der saudische König sich darauf vorbereitet, seinen Sohn zu entfernen, so die US-Zeitung weiter. Dass ein anderes Familienmitglied Mohammed bin Salman gefährlich werden könnte, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Der 33-jährige Prinz hat in den vergangenen Monate seine Machtbasis gefestigt, indem er potenzielle Rivalen eliminiert hat.
Seit dem 2. Oktober wird der saudische Regierungskritiker und Journalist Jamal Khashoggi vermisst. Die Anzeichen verdichten sich, dass der 59-Jährige im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet und zerstückelt wurde. Der saudische Regierung streitet aber nach wie vor ab, hinter dem Verschwinden des Journalisten zu stecken.
Die neuesten Entwicklungen und Enthüllungen erfahren Sie hier im News-Ticker zum Thema.
Seit dem 2. Oktober wird der saudische Regierungskritiker und Journalist Jamal Khashoggi vermisst. Die Anzeichen verdichten sich, dass der 59-Jährige im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet und zerstückelt wurde. Der saudische Regierung streitet aber nach wie vor ab, hinter dem Verschwinden des Journalisten zu stecken.
Die neuesten Entwicklungen und Enthüllungen erfahren Sie hier im News-Ticker zum Thema.
Im vergangenen Jahr verliess Jamal Khashoggi ein Land, dessen Wandel ihn immer mehr einengte. Der Journalist durfte nicht mehr schreiben und um ihn herum wurden immer mehr Freunde und Bekannte festgenommen, sagte er der deutschen Nachrichtenagentur DPA im Juni. Unter der Führung von Kronprinz Mohammed bin Salman sah der kritische Kommentator keine Zukunft für sich, nur noch wachsende Gefahr.
Er sei zwar ein Unterstützer des Reformkurses, aber «jetzt im Exil, weil ich nicht im Gefängnis landen will», sagte er damals. Er floh in die USA, wo er fortan lebte. An die Möglichkeit, im Ausland getötet werden zu können, dachte Khashoggi offenbar nicht, als er das saudische Konsulat Anfang Oktober in Istanbul betrat. In der Nacht zum Samstag wurde das Gewissheit, was viele schon seit Tagen ahnten: der 59-Jährige wurde in der Auslandsvertretung getötet.
Khashoggi stammte aus einer namhaften saudischen Familie in Medina. Sein Grossvater war Arzt und behandelte den König, sein Onkel Adnan war ein bekannter Waffenhändler. In seinen frühen Jahren ging er zum Studieren in die Vereinigten Staaten, schätzt aber nicht nur demokratische Werte, sondern auch islamistische. So soll er den Muslimbrüdern zumindest nahe gestanden und bis in die Gegenwart persönliche Kontakte mit Mitgliedern gepflegt haben.
Als Reporter erlangte Khashoggi erstmals Aufmerksamkeit als früher Wegbegleiter Osama bin Ladens, als dieser Truppen im Widerstandskampf gegen die sowjetischen Besatzer in Afghanistan führte. Er selbst gilt als konservativ und teilweise auch kritisch gegenüber dem Westen, lehnte dagegen aber die Radikalisierung Bin Ladens ab und sagte sich von dem Terrorfürsten los.
In Saudi-Arabien machte er journalistische Karriere bei mehreren Zeitungen und als Korrespondent in verschiedenen Ländern. Seine schon familiär bedingt starke soziale Stellung baute er mit guten Kontakten zu mächtigen Mitgliedern der weit verzweigten Königsfamilie aus. Zwischenzeitlich arbeitete Khashoggi sogar als Berater und inoffizieller Sprecher des Königshauses.
Seine kritische Art brachte ihm dabei als Journalist immer wieder Probleme mit der autokratischen Staatsmacht: Kolumnen wurden eingestellt, 2003 und 2010 wurde er als Chefredakteur der Zeitung «Al-Watan» gefeuert. Doch bedrohlich wurde Saudi-Arabien für den gross gewachsenen Mann erst während des Aufstiegs von Mohammed bin Salman zum Thronfolger und mächtigsten Mann im Staat ab 2015.
Kronprinz Mohammed zerschlug die auf Ausgleich bedachten Strukturen in den höchsten saudischen Machtzirkeln und riss mehr und mehr Macht an sich. Widerspruch duldet er nicht, was Jamal Khashoggi dazu bewog, ins Exil zu gehen. Vor allem als Kolumnist der «Washington Post» kritisierte er den politischen Kurs Riads danach deutlich.
Dem Herrscher Saudi-Arabiens war der Dissident mit Kolumne in Washington und 1,7 Millionen Abonnenten auf Twitter zunehmend ein Dorn im Auge. Khashoggi selbst konnte diese Unsicherheit des jungen Thronfolgers nie verstehen: «Mohammed bin Salman hat keinen Grund, besorgt zu sein. Es gibt keine Opposition im Land», sagte er im Juni. (SDA)
Im vergangenen Jahr verliess Jamal Khashoggi ein Land, dessen Wandel ihn immer mehr einengte. Der Journalist durfte nicht mehr schreiben und um ihn herum wurden immer mehr Freunde und Bekannte festgenommen, sagte er der deutschen Nachrichtenagentur DPA im Juni. Unter der Führung von Kronprinz Mohammed bin Salman sah der kritische Kommentator keine Zukunft für sich, nur noch wachsende Gefahr.
Er sei zwar ein Unterstützer des Reformkurses, aber «jetzt im Exil, weil ich nicht im Gefängnis landen will», sagte er damals. Er floh in die USA, wo er fortan lebte. An die Möglichkeit, im Ausland getötet werden zu können, dachte Khashoggi offenbar nicht, als er das saudische Konsulat Anfang Oktober in Istanbul betrat. In der Nacht zum Samstag wurde das Gewissheit, was viele schon seit Tagen ahnten: der 59-Jährige wurde in der Auslandsvertretung getötet.
Khashoggi stammte aus einer namhaften saudischen Familie in Medina. Sein Grossvater war Arzt und behandelte den König, sein Onkel Adnan war ein bekannter Waffenhändler. In seinen frühen Jahren ging er zum Studieren in die Vereinigten Staaten, schätzt aber nicht nur demokratische Werte, sondern auch islamistische. So soll er den Muslimbrüdern zumindest nahe gestanden und bis in die Gegenwart persönliche Kontakte mit Mitgliedern gepflegt haben.
Als Reporter erlangte Khashoggi erstmals Aufmerksamkeit als früher Wegbegleiter Osama bin Ladens, als dieser Truppen im Widerstandskampf gegen die sowjetischen Besatzer in Afghanistan führte. Er selbst gilt als konservativ und teilweise auch kritisch gegenüber dem Westen, lehnte dagegen aber die Radikalisierung Bin Ladens ab und sagte sich von dem Terrorfürsten los.
In Saudi-Arabien machte er journalistische Karriere bei mehreren Zeitungen und als Korrespondent in verschiedenen Ländern. Seine schon familiär bedingt starke soziale Stellung baute er mit guten Kontakten zu mächtigen Mitgliedern der weit verzweigten Königsfamilie aus. Zwischenzeitlich arbeitete Khashoggi sogar als Berater und inoffizieller Sprecher des Königshauses.
Seine kritische Art brachte ihm dabei als Journalist immer wieder Probleme mit der autokratischen Staatsmacht: Kolumnen wurden eingestellt, 2003 und 2010 wurde er als Chefredakteur der Zeitung «Al-Watan» gefeuert. Doch bedrohlich wurde Saudi-Arabien für den gross gewachsenen Mann erst während des Aufstiegs von Mohammed bin Salman zum Thronfolger und mächtigsten Mann im Staat ab 2015.
Kronprinz Mohammed zerschlug die auf Ausgleich bedachten Strukturen in den höchsten saudischen Machtzirkeln und riss mehr und mehr Macht an sich. Widerspruch duldet er nicht, was Jamal Khashoggi dazu bewog, ins Exil zu gehen. Vor allem als Kolumnist der «Washington Post» kritisierte er den politischen Kurs Riads danach deutlich.
Dem Herrscher Saudi-Arabiens war der Dissident mit Kolumne in Washington und 1,7 Millionen Abonnenten auf Twitter zunehmend ein Dorn im Auge. Khashoggi selbst konnte diese Unsicherheit des jungen Thronfolgers nie verstehen: «Mohammed bin Salman hat keinen Grund, besorgt zu sein. Es gibt keine Opposition im Land», sagte er im Juni. (SDA)