Am 19. Juni starben die Italiener Antonio T.* (†37) und Francesca R.* (†25) auf dem Gardasee. Das Paar wurde in seinem Holzboot von einem Motorboot mit voller Wucht gerammt. Am Steuer: Zwei betrunkene Deutsche – Jens D.* (52) und Achim S.* aus München.
Gegenüber «Bild» äussert sich jetzt die Familie von Francesca R. «Unser Leben wird nie wieder dasselbe sein. Für uns ist es eine lebenslange Haftstrafe.»
«Unser kleines Mädchen»
Das Leben erscheine ihnen wie ein Film, ein böser Traum, den sie nicht glauben können, aus dem sie aber nicht mehr aufwachen. «Wer kann uns sagen warum?», fragen sie rhetorisch.
Ihr Leben habe sich um ihre einzige Tochter gedreht, «unser kleines Mädchen». In diesen Tagen seien sie umgeben «von all der Herzlichkeit von den Menschen, die sie kannten und auch von denen, die nicht das Vergnügen hatten, sie zu kennen». Sie würden ihnen zeigen, wie viel Liebe Francesca ihnen allen geben konnte.
Ihre Beine waren abgetrennt
Als es zum Unglück kam, waren Jens D. und Achim S. offenbar betrunken und mit viel zu hoher Geschwindigkeit unterwegs, wie sogar ihr Anwalt sagte. Zuvor hatten sie sich im Städtchen Salò das EM-Spiel Deutschland gegen Portugal angeschaut und dabei Bier getrunken. Anschliessend fuhren sie mit dem Boot zur anderen Seeseite, wo sie beim Abendessen Wein tranken. Bei der Rückfahrt nach Salò kam es dann zum Todes-Crash.
Der Unternehmer war sofort tot. Seine Freundin wurde ins Wasser geschleudert und ertrank. Taucher fanden ihre Leiche nach stundenlanger Suche in etwa 100 Metern Tiefe. Ihre Beine waren abgetrennt.
Todesfahrer fuhren einfach weiter
Das Schlimmste: Die Todesfahrer merkten es nicht einmal, fuhren einfach weiter! Zum nächsten Hafen, wo sie weiter tranken. Laut ihrem Anwalt Guido Sola hätten der Finanzvorstand und der kaufmännische Angestellte erst am nächsten Tag vom Unfall erfahren.
Den Ermittlern sei es ein Rätsel, wie die beiden Männer nichts von dem Aufprall merken konnten. Ihr Anwalt erklärt der «Bild»: «Sie haben einen Knall gehört. Die Nase des Boots geht ziemlich hoch, wenn man Gas gibt. Sie drehten ihre Köpfe und sahen ein Stück Holz.»
Jens D. festgenommen
Gegen beide Männer wird wegen zweifacher fahrlässiger Tötung und Fahrerflucht ermittelt. Am Montag stellte sich Jens D. Er wurde am Brenner festgenommen. Die Eltern von Francesca zeigen sich gegenüber der Zeitung zwar erleichtert, aber auch skeptisch. «Wir freuen uns, dass sie ihn festgenommen haben bzw. er sich ergeben hat. Es scheint aber alles im Voraus vereinbart gewesen zu sein, das zeugt für uns nicht von Übernahme von Verantwortung. Vielleicht hofft er dadurch auf Vorteile bei der Strafzumessung.»
Achim S. ist nach wir vor auf freiem Fuss.
Entschuldigungs-Brief kam nicht gut an
Vor wenigen Tagen schrieben die beiden einen Brief an die Opferfamilien. Darin steht unter anderem, dass ihnen der Unfall aufrichtig leidtue. «Unmittelbar nach unserer Rückkehr nach Deutschland haben wir zwei Kerzen angezündet und im Gedenken an Ihre Lieben gebetet».
Die Todesfahrer sprechen von einer «dramatisch schrecklichen Tragödie» und hoffen «die Kraft zu finden, diesen unermesslichen Schmerz zu überwinden und eines Tages wieder das Licht des Lebens spüren zu können».
Die Nachricht kam bei den Empfängern allerdings gar nicht gut an: «Es ist ein verspäteter Text und überhaupt nicht aufrichtig», sagt der Anwalt der Familie, Raimondo Del Dosso. Man sehe, dass er «nicht mit dem Herzen, sondern mit dem Kopf geschrieben ist». Der Brief sei nicht mal von Hand unterschrieben gewesen.
*Namen geändert