Wien in Schockstarre. Das Leben auf den Strassen der Innenstadt steht still. Nur die Polizei, schwer bewaffnet, patrouilliert. An jeder Ecke, in jeder Gasse. Nach den Terror-Anschlägen am Montag legt sich eine gespenstische Stille über die Stadt. Ruhe, die erdrückt. Und Angst.
«Ich traue mich fast nicht auf die Strasse», sagt eine Seniorin (75), die seit 50 Jahren in Wien lebt. Tränen kullern ihr über die Wange, ihre Stimme bricht. «Wir sind sowieso schon am Ende wegen Corona. Und die Jüngsten sind wir auch nicht mehr. Was kommt denn noch?»
«Das ist nicht meine Stadt»
Der Anschlag passierte am Abend, bevor Österreich wieder in den Lockdown zurückkehrte. Ewald Weil-Lechner (65) kommt mit dem Velo vom Einkaufen. «Es ist bedrückend. Wir sollten uns zurückziehen wegen der Pandemie. Jetzt kommt der Anschlag dazu, das verstärkt diesen depressiven Zustand noch.»
Am Schwedenplatz brennen Kerzen, Sträusse aus roten Rosen und Sonnenblumen haben Passanten niedergelegt. Wien kenne keinen Terror. Wien sei sicher. War es – jahrzehntelang. «Das ist nicht meine Stadt, so etwas passiert doch nicht in meiner Stadt», sagt Fabian (16) ungläubig.
«Wegsperren reicht nicht»
Die Polizei gibt die Tatorte in der Innenstadt am Dienstagabend frei. Am Boden sind noch Blutflecken zu erkennen. Die Spurensicherung hat sie mit Kreide beschriftet. Daneben ein Pub, auf den Tischen noch die Drinks vom Abend zuvor. Auf der Flucht haben sie die Menschen stehengelassen.
Die Bewohner der umliegenden Häuser haben den Wirbel der Terrornacht nah erlebt. Eine von ihnen sagt: «Die Tat zeigt uns einmal mehr, dass es nicht reicht, diese gewaltbereiten Menschen einfach wegzusperren.» So kämen sie nämlich nie auf den «richtigen» Weg zurück. «Wir müssen uns um sie kümmern und diese Leute bilden. Das ist die einzige Möglichkeit.»
Österreich hat eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Der Lockdown wird mindestens die nächsten vier Wochen andauern. Die Stille in den Strassen wird bleiben. Doch in den Köpfen der Wiener wird sie wohl noch lange nicht einkehren.