Unter normalen Umständen wäre es eine Lappalie: die Anpassung des seit 1991 bestehenden Freihandelsabkommens mit der Türkei. Bei der Tagung der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK) steht sie auf der Traktandenliste. Doch von Normalität kann im Verhältnis zwischen Bern und Ankara schon lange keine Rede mehr sein.
Nachdem die Partei von Recep Tayyip Erdogan (65) jüngst die Wahlen in Istanbul verlor – ausgerechnet jener Metropole, in der der heutige Staatschef als Oberbürgermeister seinen Aufstieg begann –, soll der Urnengang nun kurzerhand wiederholt werden, wie ein Gericht entschied. Deshalb drängen linke Aussenpolitiker nun darauf, die Aktualisierung des Handelsvertrags auszusetzen.
Molina: «Bedenkliche Situation»
Nationalrat Fabian Molina (28, ZH): «Die aktuelle Situation in der Türkei ist derart bedenklich und angespannt, dass die Schweiz Erdogan nicht einfach einen billigen Propaganda-Sieg schenken darf.» Der Sozialdemokrat ist überzeugt, dass ein Verzicht auf die Anpassung des Abkommens nur geringe wirtschaftliche Folgen haben würde.
Auch bürgerliche Politiker wollen sich dieser Argumentation nicht verschliessen. EVP-Nationalrat Nik Gugger (49, ZH): «Wir können nicht einfach weitermachen, als ob nichts passiert sei.» Trotz Support aus der Mitte erscheint es fraglich, ob ein Stopp der Anpassung mehrheitsfähig ist: FDP und SVP zeigen sich kritisch.
Economisuisse hat Hoffnungen
Zudem trat Economiesuisse am Freitag an die Mitglieder der APK heran, um für eine «Modernisierung» des Freihandelsvertrags zu weibeln. «Oberstes Ziel sind optimale Rahmenbedingungen für die Schweizer Exportwirtschaft im Vergleich zur internationalen Konkurrenz», liess der Wirtschaftsdachverband die Parlamentarier in einem Schreiben wissen.
Hoffnungsvoll fährt Economiesuisse fort, stabile Wirtschaftsbeziehungen stärkten «die Basis für einen belastbaren Austausch mit Blick auf andere politische Themenbereiche». Besser hätte es auch Ankara nicht formulieren können.